Ricky Warwick - When Life Was Hard

Rickywarwick

„What can we see for the future for Ricky Warwick? I just want to keep writing, recording and touring“. Die Antwort im Interview offenbart einiges über den 54-jährigen aus Nordirland, den vielseitigen Fulltime-Rocker und ehemaligen Gründer von THE ALMIGHTY.

Als ich zum ersten Mal 2010 oder 2011 THIN LIZZY live sah, war die Zeit von Phil Lynott leider lange vorbei und ich dachte mir, dass ich mir trotzdem aus nostalgischen Gründen mal das langjährige Mitglied Scott Gorham und den Gitarristen Vivian Campbell von DEF LEPPARD, den ich sehr verehre, ansehen wollte. Anschließend habe ich alle weiteren Konzerte in meiner Nähe besucht, weil der Gesangsstil des Sängers RICKY WARWICK einfach grandios war. Ich war völlig konsterniert, wie sehr er Phil Lynott alle Ehre machte. Die Stimmlage orientierte sich dabei sehr dicht am genialen ehemaligen Frontmann von THIN LIZZY. Er selbst zeigte sich äußert demütig in den Fußstapfen von Irlands größter Musik-Ikone:

„Ich wusste, dass ich nicht wirklich in Phils Fußstapfen treten könnte. Alles, was ich machen wollte, war zu versuchen, seine Songs mit so viel Herz aus ganzer Seele und mit so viel Leidenschaft wie möglich zu singen“.

2012 entschlossen sich Scott Gorham, Damon Johnson, Marco Mendoza und Sänger Ricky Warwick dazu, neue Songs aufzunehmen. Aus Respekt vor dem „einzigen Sänger von THIN LIZZY“, Phil Lynott, wurde die Band zu den BLACK STAR RIDERS, die dennoch geprägt blieb von keltischen/irischen Einflüssen. Allerdings entwickelte Ricky Warwick nach dem Debutalbum, welches durchaus ein legitimes Nachfolgealbum von THIN LIZZY hätte sein können, mehr Eigenidentität und entfernte sich leicht vom großen Idol in den nachfolgenden Produktionen.

Ricky Warwick unterhält zur Zeit Aktivitäten mit THIN LIZZY, die nach wie vor Tribute-Shows auf die Bühne bringen, Auftritten mit den BLACK STAR RIDERS, rein akustische Solotouren oder mit seiner Band THE FIGHTING HEARTS. Zudem spricht er immer wieder davon, irgendwann auch mit THE ALMIGHTY wieder ins Studio zu gehen. Auch seinem Veröffentlichungsdrang scheinen keine Grenzen gesetzt. Das vorliegende Album „When Life Was Hard And Fast“ ist bereits sein 8. Soloalbum.

„When Life Was Hard And Fast“ wird am 19.02.20021 erscheinen. Die Fans werden nur ansatzweise den rauen Sound des jungen, wütenden, die Texte raus rotzenden Ricky Warwick der frühen THE ALMIGHTY zu hören bekommen. Und auch nur kurz kommen Punk-Einflüsse auf der Scheibe zur Geltung. Auch fehlen keltische/irische Komponenten und nur phasenweise kommt sehr kurz der Phil Lynott-orientierte Gesangsstil durch. Aber dennoch sind natürlich ansatzweise Songstrukturen aller THE ALMIGHTY- und auch der BSR/THIN LIZZY-Phasen zu vernehmen…jedoch nur ansatzweise.

Als Singer/Songwriter erfindet sich Ricky Warwick immer wieder neu, versucht sich weiterzuentwickeln bzw. mit den Genres zu spielen und lässt sich nicht festlegen. Schon damals haben sich die Scheiben von THE ALMIGHTY stark unterschieden, dabei hätte Warwick ja an dem erfolgreichen Straßenrock der ersten beiden Alben festhalten können. So aber spielte er mit Trash, Punk, Mainstream-Rock, wo die Differenzierungen in Genres eigentlich überflüssig sind, denn alle Stilarten im musikalischen Kosmos des Protagonisten haben ihre Berechtigung.

„When Life Was Hard And Fast“ kann man als sehr amerikanisches Album beschreiben, welches radiotauglichen harten melodiösen Rock und melancholische Balladen mit einer Prise Punk und THIN LIZZY bietet. Mehr als die Hälfte der enthaltenen Songs bleiben sofort im Ohr hängen. Das Album folgt absolut meiner These, dass „Old-School“ angesagter ist als je zuvor. Und dem Klischee entspricht das Album akkurat.

Oder um es wieder mit den eigenen Worten des Protagonisten zu beschreiben: „Der wahre Geist des Rock n‘ Roll ist ein unermüdliches Streben, das mich täglich verzehrt. Durch diesen Antrieb lief die Entstehung des Albums wie ein gutes Rennen.“

Diesen Geist ziert auch das sehr gelungene Cover des neuen Albums, das eine Unfallszene beim berühmten Ards TT Motorsport Rennen im County Down in Nordirland abgebildet zeigt. Dieses Rennen gab es zwischen 1928 und 1936 und wurde von 250.000 Zuschauern jedes Jahr besucht. Die Böschung auf der Fotografie, in der die Zuschauer stehen, ist tatsächlich ein Feld, das zur Farm von Rickys Urgroßvater gehörte, auf der er die ersten vierzehn Lebensjahre aufgewachsen ist.

Der Titeltrack als Opener geht hart und schnell zur Sache; wie ein Autorennen. Gute Riffs und eingängige Refrains, unterstützt im Background durch Joe Elliot (DEF LEPPARD); ein Song mit Wiedererkennungswert, genau wie das anschließende „You Dont Love Me“, ein starker sofort einprägsamer Rocksong mit stark integriertem Gitarrensolo von Luke Morley (THUNDER). Die Botschaft ist ebenfalls „Old Time Rock`N Roll“: Verschwende deine Zeit nicht in einer Beziehung, wenn sie vorbei ist.

Nächster Song „I`d Rather Be Hit“ präsentiert sich erneut stimmgewaltig und erinnert mich an die Attitüden eines Tom Petty, der das Tempo stark angezogen hat. Unterstützung hat er vom ehemaligen DURAN DURAN Gitarristen Andy Taylor. Mit klasse Refrain bleibt der Song ebenfalls unvermittelt im Gedächtnis.

„Gunslinger“ ist eine fantastische Covernummer von Mink de Ville aus dem Jahr 77 und sehr amerikanisch. Ricky Warwick schreit es heraus: „Im A Gunslinger“ und den Revolverheld nimmt man ihm sofort ab. Der Song „Never Corner A Rat“ legt dann nochmals stark an Tempo zu und wird fast zu einer Punkrock-Nummer mit treibendem Schlagzeugbeat und sehr schnellen Gitarrenläufen. Soweit ist das Album sehr gelungen, würde dann nicht die meiner Meinung nach zu kitschig triviale Ballade „Time Don`t Seem To Matter“ folgen, die wohl dem Stolz eines Vaters der Songwriterin gegenüber (seine Tochter Pepper) geschuldet ist. Pepper trägt das melancholische Stück dann auch gemeinsam mit dem Vater vor. Nur die begleitende schwermütige Gitarre verleiht dem Song noch einigermaßen eine rettende Tiefe Die Ballade ist definitiv kein „Jesus Loves You But I Don`t“ vom THE ALMIGHTY-Album „Powertrippin“.

Zum Glück legt „Fighting Heart“ direkt wieder an Drive zu und der Vergleich mit Tom Petty auf Speed drängt sich mir wieder auf. Die Message ist zwar abgedroschen, bedient trotzdem das Rock-Klischee: Niemals aufgeben. Und wieder ist der Song ungemein Mainstream-lastig, was ich nicht als negatives Kriterium anprangere.

Bei „I Don`t Feel At Home“ glaubt man Bruce Springsteen zu hören, eine Midtempo-Nummer, welche vom Keyboard dominiert wird und das Thema Drogensucht thematisiert. Keyboard spielt übrigens Dizzy Reed (Ex GUNS N ROSES). Auch dieser Song erscheint etwas blass und abgedroschen als hätte man ihn schon 100 Mal gehört.

„Still Alive“ schließt sich dann wesentlich stärker an, steigert sich in harte Gitarrenriffs mit geiler Slide-Gitarre von Keith Nelson. Hier erinnert RICKY Warwick stimmlich dann doch wieder an Phil Lynott; ein starker Song. „Clown Of Misery“ ist eine geile Nummer und beginnt mit langsamen „Plug-In“ - sehr „Old-School“, aufs notwendigste reduziert, im Stil alter „Storytellers“ und amerikanischer Outlaws; der Song vom traurigen Clown, der äußerlich trotzdem lacht.

Der Lobgesang auf den Rock n Roll beschließt das neueste Werk des Ricky Warwick. Der Titel „Your`re My Rock`N Roll“ sagt bereits alles aus. Der Song ist definitiv zum Mitgröhlen geeignet, ist kneipentauglich und macht Spaß.

Im Fazit kann man feststellen, dass Ricky Warwick seinen Weg unermüdlich weitergeht und die Menschheit in kurzen Abständen mit neuer Musik überflutet. Er lässt sich nur auf eins festlegen: Er ist ein Rocker in multiplen Schaffensformen. Er bietet überwiegend auf seinem neusten Werk sehr gute Unterhaltung mit eingängigen schnellen Rocknummern und bedient die Genres Songwriter/AOR-Rock mit schnellem Tempo und kurzen retrospektiven Punk-Ansätzen sowie einer „boring“ Ballade. Es ist kein neues „Blood, Fire and Love“ aber auch kein uninspiriertes „Psycho-Narco“. Aber es hat durchaus seine Berechtigung in der Welt der Rockmusik. (Ebi)

Bewertung:

Ebi7,5 7,5 / 10

Anzahl der Songs: 11
Spielzeit: 39:43 min
Label: Nuclear Blast
Veröffentlichungstermin: 19.02.2021

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