Glasgow Coma Scale - Sirens

glasgowcomascale sirens200pxAm liebsten entdecke ich Bands während eines Konzertes oder bei einem Festival. Wenn da der Funke dann überspringt, haben die Musiker die meiste Überzeugungsarbeit bei mir schon geleistet.
So war es dann auch bei GLASGOW COMA SCALE. Die Frankfurter mit dem sperrigen Namen, deren Bedeutung auf eine Skala zur Einschätzung von Trauma-Patienten in der Notfallmedizin zurückgeht, spielen instrumentalen Postrock und befassen sich in Ihrer Musik offensichtlich nicht mit Essen kochen.

Nein, der Titel des neuen Albums „Sirens“ lässt schon vermuten, dass es um mystisches oder zwischen-weltliches geht.
Grundsätzlich meine ich eh, dass man bei instrumentaler Musik sich von den Klängen tragen lassen muss und sich vermutlich bei vielen dazu eine andere Geschichte im Kopf abspielt. Das macht instrumentale Musik so spannend.
Eine Soundtrack-artige Klangkulisse erwartet einen dann auch zu Beginn des Albums mit „Orion“. Das Stück steigert sich langsam wie eine sich aufbauende Welle, die dann ans Ufer schlägt und den Hörer sofort mitreißt. Es sind Gesprächssamples von einem Astronauten zu hören. Die Melodien, der Rhythmus, die Perkussionselemente (ich höre da eventuell Ploppgeräusche, die man macht in dem man mit dem Fingern auf die Backen schnalzt) sind faszinierend ineinander verwoben und gehen zusammen gut nach vorne. So auch beim nächsten Song „Magik“, der mich ein wenig an MY SLEEPING KARMA erinnert.

Im Promotext steht, dass der dritte Song „Underskin“ im Dreivierteltakt ist. Ehrlich gesagt bemerke ich das erst, wenn ich mit zähle, so spannend ist das Stück ansonsten. Da könnte man dann doch spaßeshalber eine Tanzschule Walzer drauf tanzen lassen.

Das mit 6 Minuten und 20 Sekunden kürzeste Stück „Sirens“ startet mit reinem Schlagzeug und schwingt sich dann in Richtung instrumentalem Rocksong, nur dass die Melodien eben den Gesang nicht vermissen lassen. Der hohe Wiedererkennungswert prädestiniert zu Recht den Song als Titelstück.

„Day 366“ ist mit über neun Minuten das längste Instrumental des Albums. Muss ja auch, denn 366 Tage ist alle vier Jahre ein Schaltjahr, welches länger ist als die „normalen“ Jahre. Musikalisch folgt das Stück den Spuren der vorangegangen Titel.


Zu guter Letzt wird uns mit „One Must Fall“ als sechster Titel, laut Info, Gesang angedroht. Oh je! Das kann auch mal, wie schon von GLASGOW COMA SCALE selbst orakelt, schief gehen! Jedoch sind sie zu sehr von dieser Idee überzeugt und wollten es deshalb unbedingt drin haben.

Ich bin dann mal so mutig und höre da mal rein, obwohl ich öfters mal sehr dankbar für instrumentale Musik bin, denn da kann ich besser abschalten. Bei Gesang wird das Gehirn in bestimmten Regionen doch bloß wieder zu sehr gekitzelt. In der Tat hat „One Must Fall“ einen interessanten Spannungsbogen zu bieten und ist ansonsten sehr melodisch und wunderbar fließend. 
Der Gesang ist glücklicherweise nur ein Melodie unterstützendes „La-la-la-la-la und weit entfernt von dem, was wir von JAMES LAST kennen. Keineswegs unpassend so zum Ende des Stückes hin.

Da haben GLASGOW COMA SCALE ein feines Album auf die Welt losgelassen, welches auch nach dem zehnten Hören nicht ermüdet. Im Vergleich zu dem Vorgänger „Enter Oblivion“, welcher eher fluffig und unbeschwert daherkommt, ist „Sirens“ eher härter, schwerer und mit tollen Headbang-Momenten ausgestattet. Das liegt womöglich auch an der Zeit in der das Album entstanden ist, denn zu Beginn und im Verlauf der Pandemie, hat beinahe jeder plötzlich sehr unter Druck gestanden oder vor dem Nichts. Von daher eignet sich „Sirens“ durchaus als Ventil um mal tanzend Dampf abzulassen und neue Energie zu laden.

Was „Sirens“ ebenfalls auszeichnet, ist die hervorragende Klangqualität, die unaufdringliche, aber körperhafte Produktion, die je nachdem wie fein auflösend die heimische Anlage oder auch der Kopfhörer ist, mit einer tief gestaffelten Bühne und sorgsam ineinander verwobenen Instrumenten, die dennoch mit ihrer Charakteristik deutlich heraus hörbar sind punktet. Hier hat man sich liebevoll auch um jedes Detail gekümmert.
GLASGOW COMA SCALE können sich mit ihrem Album „Sirens“ stolz auf die Brust klopfen, da sie dem eh schon überschaubaren Feld des instrumentalen Postrock oder Stonerrock eine eigene weitere Facette hinzugefügt haben.

Empfehlenswert für alle Fans von MY SLEEPING KARMA, COLARIS, SARKH, CRACKED MACHINE, TORTUGA oder ASTRAL KOMPAKT. (Andreas)


Bewertung:

Andreas8,5 8,5 / 10


Anzahl der Songs: 6
Spielzeit: 45:00 min
Label: Tonzonen Records
Veröffentlichungstermin: 17.09.2021

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