Deep Purple - Whoosh!

deeppurple whoosh 200nb mehrfachwertungNachdem man sie fast schon auf dem Abstellgleis wähnte schwingen sich die Hard Rockpioniere zu neuen kreativen Höchstleistungen auf. Die „The Long Goodbye Tour“ wird dabei länger und länger. Mehr als sieben Jahre musste man auf „Now What?!“, das erste Album unter der Regie von Bob Ezrin warten, nach der selben Zeit steht schon dir dritte Zusammenarbeit in den Regalen. Natürlich laufen DEEP PURPLE Gefahr, dass sich die Sache totläuft, aber die Herren betonen immer wieder die gute Stimmung bei den Aufnahmen. Die muss in der Tat recht lustig sein, denn auch dieses Mal fand sich mit „Whoosh“ ein recht skurriler Albumtitel. Wohin geht die Reise damit, nachdem man auf dem Vorgänger „Infinite“ im Artwork auf Expedition machte?

Fangen wir zur Abwechslung mal hinten an, genauer gesagt beim letzten Track vor dem Bonus „Dancing In My Sleep“. Der heißt „And The Adress“ und dürfte Anhängern der Formation sattsam bekannt vorkommen, immerhin eröffnet er einst das Debüt „Shades Of Deep Purple“. Dass man mit Steve Morse sich öfter früheren Liedern annahm ist nichts Neues, aber dass dieses aus der Mark I-Phase stammen, bei denen sie nur sehr bedingt dem späteren Hard Rock frönten überrascht hingegen. Doch so weit entfernt ist der Sixties-Pop Rock dieser Ära gar nicht wie der Opener „Throw My Bones“ deutlich macht. Zwar beginnt der sehr typisch und ein wenig bieder mit einer Harmonie aus Orgel und Gitarre, doch der eingängige Refrain trägt Züge aus jener Zeit.

Was nun etwas verwundert, denn zu dieser Zeit war Ian Gillan noch gar nicht an Bord, und wurde außerdem geholt, damit Ritchie Blackmore endlich hart rocken konnte. Und nun fährt man hier deutlich zurück ohne kommerziell zu klingen, wie man es Ende der Achtziger tat, was Gillan missfiel. Das Schicksal wollte es auch, dass sich der Sänger just zu dem Zeitpunkt als in sein alter Sechssaiter fragte, ob er bei RAINBOW einsteigen wolle, dazu entschloss seine Band auf seinen Nachnamen zu kürzen und mit Bernie Tormé härtete Saiten aufzuziehen. Und nun das sich Blackmore wieder für den harten Rock begeistern kann, gehen DEEP PURPLE mit Ian Gillan in die Phase vor dessen erster Bandzugehörigkeit zurück.
Das klingt so abstrus wie es sich darstellt, eine gewisse Ironie lässt sich nicht abstreiten. Dabei ist jetzt Ironie das Steckenpferd des Barden, seinem britischen Humor kommt die Situation so recht, dass man fast annehmen könne es stecke Absicht dahinter. Denn viel mit dem bisherigen Schaffen der Gruppe hat „Whoosh!“ nicht zu tun, was vor allem daran liegt, dass Steve Morse weit im Hintergrund agiert.

Vielleicht könnte man das Ganze als Produzentenalbum klassifizieren, doch den Einfluss des Frontmanns sollte man dabei nicht unterschätzen. Klar sind Ideen wie das Wechselspiel von Leadthema und Rhythmus zwischen Morse und Don Airey im lockeren „Nothing At All“ bei Ezrin zu verorten. Doch der Mann am Mikro ist sehr präsent, was auch daran liegt, dass die Stücke kaum über die vier Minuten hinaus kommen. So kommt auch der Keyboarder trotz vieler kleiner Details nicht so richtig zum Zuge.
Unterteilt ist die Scheibe in zwei Akte, fast altmodisch je Vinyl-Seite. Im ersten kann man die Handschrift der Formation noch deutlicher nachvollziehen, viele rockige Songs haben eingängige, jedoch nicht packende Refrains. „No Need To Shout“ etwa bringt den Riff Rock mit Gangshouts nicht so überzeugend wie seinerzeit „Hell To Pay“. Noch verwunderlicher erscheinen das Grundthema, die Art wie die Orgel eingesetzt wird und vor allem die souligen Backgroundchöre von „We´re All The Same In The Dark“. Die Nummer klingt nun verdächtig nach Mark III, also jene Ära, die der aktuelle Sänger so konsequent verweigert. Aber vielleicht sehen wir auf der nächsten Tour, wann immer die stattfindet, mal eine überraschende Setlist.

In der zweiten Hälfte wird es dann sonderbarer, stilistisch offener, aber auch ein bisschen ziellos. Ziellos waren DEEP PURPLE auch in der Zeit vor „In Rock“, um sich erneut in jener Dekade wiederzufinden. Passend zum Astronauten im Artwork findet man den damals in der Musikwelt vorherrschenden Psychedelicsound in „Act 2“verstärkt vor. Speziell die Strophen von „The Power Of The Moon“ verbreitet mit der gespenstisch gezupften Gitarre und den schwebenden Synthesizern jenes Flair. In der Folge scheinen die Lieder zusammenzuhängen, „Man Alive“ wirkt mit Streichern aus den Kurzweil-Tasten und vielen gesprochenen Passagen aber sehr collagenhaft.

Für eine Scheibe, die sich sehr stark an die Zeiten anlehnt, in denen der Sänger kein Bandmitglied war, hat sie doch vieles von seinen Soloalben, vor allem denen unter vollem Namen. Den Verdacht eines Seitenhiebes werde ich nicht los, irgendwie lässt mich „Whoosh!“ ratlos wie sein Titel zurück. Man braucht nicht viel Phantasie, um sich die diebische Freude vorzustellen, mit der Gillan seine Party-Lyrics über das flotte Bar-Piano von „What The What“ einsingt. Er wurde ebenso von der Kette gelassen wie phasenweise seine Kollegen, die munter drauf los musizieren, dabei natürlich super kompetent agieren. Vielleicht hätte die Legende an den Reglern der Sache mehr Richtung geben sollen, anstatt den Reigen noch bunter auszumalen. (Pfälzer)


Anzahl der Songs: 13
Spielzeit: 51:38 min
Label: earmusic/Edel
Veröffentlichungstermin: 07.08.2020

Bewertung:

Pfaelzer6,5 6,5 / 10


Pascal0,0 7 / 10

Maik6,5 6,5 / 10

Alex27,5 7,5 / 10

Jochen 8,08 / 10

sarahjane 8,58,5 / 10

Anne7,5 7,5 / 10


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