Axxis + Vice (06.10.2019, Saarbrücken)

axxis tourflyer30 Jahre AXXIS, das will natürlich gefeiert werden, auch wenn die deutsche Hard Rock-Institution ihre besten Zeiten hinter sich hat. Zuerst gibt es eine Best of aus den erfolgreichen Tagen bei der EMI, auf welcher die Songs neu eingespielt wurden, dann folgt natürlich noch eine Tour durch die Republik. Auf der Bühne haben sich die Dortmunder schon immer am wohlsten gefühlt, da können sie ihre Stärken ausspielen. Leider erweist sich wie schon bei NIGHT FLIGHT ORCHESTRA vor einem Jahr Saarbrücken nicht als Hochburg für jene Mucke, weswegen NECKBREAKER aus dem “Kleinen Club” anstatt aus der großen Garage berichten muss. Als Support waren mit VICE alte Bekannte aus den ruhmreichen Tagen mit dabei.

VICE
Mit den Bayern hatte ich mich ehrlich gesagt noch nie groß beschäftigt, mir sagt nur das Cover ihres Albums “Made For Pleasure” etwas, ein (Alb-)Traum in Neon- und Pastelltönen. Doch irgendwie scheint der Vierer noch in diesen Tagen hängen geblieben zu sein, die Attitüde jener zwanglosen Ära schien in jeder Sekunde durch. Ja, die Jungs pflegten das Rockstar-Dasein, als stünden sie noch auf den größten Bühnen der Welt, die Spielfreude war dann auch dementsprechend hoch.

Vor allem Gitarrist Chris „Yps“ Limburg und Frontmann Mario „Mitch“ Mitchel legten sich mächtig ins Zeug. Der Mann an den sechs Saiten packte die ganzen großen Posen aus, solierte auch schon mal im Knien oder präsentierte sich auf dem kleinen Riser vorne in der Mitte. Man kann bei so einer schmalen Produktion natürlich über solche Gimmicks diskutieren, aber es zeigt dass das Selbstvertrauen noch intakt ist.
Wohin die Reise musikalisch geht, belegte schon der Gitarrengurt mit der Aufschrift “Police Line, do not cross”, zu Hochzeiten der L.A.-Szene waren die Banderolen beliebtes Accessoire. Oft war er ganz eng bei seinem Sänger, diese miteinander abrocken, auch mal Rücken an Rücken hat man sich sicher bei den Bands aus jener Phase abgeschaut. Zum Glück meinten VICE da so ernst, dass es authentisch rüber kam.

Weniger authentisch war hingegen das Set mit einem Cover zu beginnen. “I Hate Myself For Loving You” von JOAN JETT ist zwar eine Klassenummer, doch irgendwie passte das nicht zum zur Schau gestellten Selbstbewusstsein. Dabei konnte sich das eigene Material durchaus sehen lassen, nicht nur von eben jenem angesprochenen Longplayer wie dem Titelsong.
Mit “3 Fingers Up” hat man auch ein brandneues Werk am Start, von dem es mit “Fuck You” oder “Shitty Situation” auch ein paar Kostproben gab, die locker mit dem alten Material mithalten können. Dabei waren die neuen Sogs seit der Reunion 2017 eindeutig in der Überzahl, was doch etwas überraschte. Somit konnte man die fünfzig Minuten gut füllen, ohne dass es einen Durchhänger gab.

Der Pop-Anteil offenbarte sich vor allem in den “Nanana”-Chören, die sich locker mitsingen ließen. Allerdings muss man anmerken, dass die von der Bühne mit etwas Unterstützung vom DAT-Tape herunter schallten. Das hätte das Quartett nicht nötig gehabt, denn vom Publikum kam auch schon etwas rüber und ansonsten spielten sie sehr sauber zusammen. Bassist Martin „El Bajo“ Dreher pumpte dann immer noch eine Reihe dicker Linien dazu, was die Nähe zu DEF LEPPARD noch deutlicher machte.

Der Sänger konnte die Leute mit seinen launigen Ansagen und seinen Melodien für sich gewinnen und auch bei denen, welche eben nicht so mit der Band vertraut waren für Bewegung sorgen. Warum beide Bands das Catering so lobten, erschloss sich mir nicht ganz, aber womöglich haben sie da mal guten Fleischkäse genossen. Was für die Verhältnisse vor Ort recht gut war, war der Sound, den ich im Hauptclub oft schon schwächer erlebt habe. So konnten VICE den am Ende gut gefüllten Club ordentlich für den Headliner aufwärmen.

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AXXIS
Die Stimmung war noch deutlich besser, als die einstmals als große Hoffnung gehandelten auf die Bretter kam, wo nicht der meiste Platz vorzufinden war. Da lag auch daran, dass Dirk Brand ein recht massives Drumkit dort platziert hatte. Immerhin ist er nebenher noch bei SUBSIGNAL aktiv und braucht daher etwas Auslauf. Sofort setzte es die ersten Klassiker, die dann auch mal die Haare einiger vor der Bühne stehenden ins Rotieren brachten.
Der Abend stand ganz im Zeichen jener Stücke, die man für die jüngste Compilation neu eingezockt hat. Damit fehlten logischerweise auch so liebgewonnene Titel wie “Little Princess” oder “Eyes Of Darkness”, dafür gab es nach langer Zeit wieder Auszüge aus den späteren EMI-Scheiben zu hören. Und auch von den ersten drei Langrillen wurden ein paar Sachen gebracht, die schon länger nicht mehr live zu hören waren, wie etwa “Face To Face”

Die Enge des Raums hatte wenigstens den Vorteil, dass der intime Rahmen noch mehr zum Tragen kam, Band und Fans rückten sehr nahe zusammen. So konnten der Reigen an Klassikern wunderbar ins Schwarze treffen und diejenigen, die da waren feierten das Material ohne Unterlass ab. Da zog die Truppe erstmal die Bremse und haute nach drei Stücken eine Ballade raus. Weit gefehlt, mit einem der größten Hits stieg das Barometer noch zusätzlich. Die absoluten Gassenhauer blieben aber bis zum Schluss im Köcher, man muss sich ja noch steigern können.

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Wo bei anderen Bands zu lange Ansagen auch gerne mal die Begeisterung senken, können AXXIS damit noch zusätzlich punkten. Frontmann Bernhard Weiß ist so eine sympathische Labberbacke, der mit seinen Witzen den Saal auch ohne Musik unterhalten könnte. Dabei war es wunderbar zu sehen, wie er passend zum Anlass über die Bandgeschichte referierte und dabei nicht mit Selbstironie sparte. Ehemalige Weggefährten, die nicht so auf dem Boden geblieben sind wie er bekommen gerne mal ihr Fett weg, und der Mann hat in der Tat schon einiges mitmachen müssen.

Doch auch das aktuelle Zeitgeschehen geht nicht an dem Mann vorbei, er wunderte sich nicht als Einziger über freitägliche Demos, auch wenn die immer noch weitaus besser sind als montags. Doch als jemand, der in den Achtzigern für die Umwelt demonstrierte, als es wirklich Handlungsbedarf gab, ließ er den nötigen Respekt nicht vermissen, und verpackte das Ganze in großartige Witze.
Gemäß einer weiteren Bühnentradition von ihm suchte er sich auch dieses Mal jemanden aus dem Publikum aus, der auf die Bühne kommen musste. Neben ein paar kurzen Fragen, als Opfer von Witzen herhalten und den Schellenkranz bedienen, gab sich der Dreizehnjährige als Nachwuchsdrummer zu erkennen. Just fand er sich auf dem Schemel von Brand wieder, wobei sein Vater wohl noch stolzer war als er.

Natürlich nimmt der gute Bernhard seinen Job als Sänger auch sehr ernst und wusste immer noch in den hohen Lagen zu überzeugen. Durch seinen patentierten Tanz musste er bei den instrumentalen Passagen nicht nur etwas unbeholfen herum stehen wie andere Vokalisten. Die Fans in den vorderen Reihen nahm er auch immer wieder mit und stachelte sie noch zusätzlich an, man merkte wie ihm die Freude seiner Zuschauer immer noch etwas bedeutet.
Auch sein langjähriger Viersaiter Rob Shomaker war immer ganz vorne zu finden und animierte die Leute. Nur der recht neue Gitarrist Matthias Degener hat noch nicht ganz den Elan seiner Vorgänger wie etwa Guido Wehmeyer. Er war zu sehr auf seinen Beitrag vertieft, so dass er nur wenig zum Stageacting beitrug. Dafür konnte er in der Disziplin überzeugen, die Soli saßen alle sehr genau und die Riffs haute er mit schöner Kante heraus.

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Wie sehr er das Spiel auf den dünnen Saiten beherrscht, zeigt der Mann im Akustikteil, bei dem die Musiker auf Barhockern Platz nahmen. Gerade wenn er stromlos solierte ließ er sein ganzes Feeling durchblitzen, obwohl die Bearbeitung der Songs gerne mal ins Kitschige abdriftete. Auch hier profitierte man vom guten Klang, den der kleine Schuppen hergab.
Sogar die Keyboards von Harry Oellers kamen gut zur Geltung und konnten Akzente setzen. So hallten nach eineinhalb Stunden die „Zugabe“-Rufe durch den Nebenraum der Garage, die auch dreimal erhört wurden. In der Zeit hätte man sicher noch mehr Lieder spielen können, wenn sich Weiß etwas kürzer gehalten hätte, aber egal was AXXIS auf der Bühne abzogen, es war riesig unterhaltsam. (Pfälzer)

Setlist AXXIS:
Rolling Like Thunder
A Littler War
Brother Moon
Love Is Like An Ocean
Stay Don´t Leave Me
C´est La Vie
Save Me
 -Drumsolo-
Trash In Tibet
Ships Are Sailing
Touch The Rainbow
Face To Face
Young Souls
Kings Made Of Steel
Little Look Back
------------------------------
Fire And Ice
Living In A World
Kingdom Of The Night

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