U.D.O. - Steelfactory

udo steelfactoryOb er sich nun wirklich endgültig von seiner ACCEPT-Vergangenheit verabschiedet, bleibt abzuwarten. Mit seinem Projekt DIRKSCHNEIDER war der "German Tank" zweieinhalb Jahre mit Material seiner alten Kapelle unterwegs und hat dazu noch Livescheiben veröffentlicht. Sicher schwer in Zukunft ein Set ohne die gerne gehörten Klassiker zu bestreiten, doch es war Zeit, sich wieder nur auf U.D.O. zu konzentrieren, denn der letzte Longplayer ist fast vier Jahre her. Personell gibt es auch wieder Ausfälle zu verkraften, nachdem Kaspero Heikkinen den Dienst an den sechs Saiten quittiert hat, erwies sich Bill Hudson auch nicht als der geeignete Ersatz. Nun spielte erstmal Andrey Smirnov alles alleine ein, während auf der Bühne vorerst der alte Buddy Stefan Kaufmann aushilft. Was kann das programmatisch betitelte "Steelfactory" und wie groß ist der Einfluss der alten Gassenhauer, die ja lange das Schaffen der Truppe bestimmt haben.

Man muss ganz klar sagen, dass "Man And Machine" das wohl stärkste Werk seit dem Wiederaufnehmen der Arbeit 1997 war, vor allem auch wegen der offensichtlichen Fortführung des ACCEPT - Erbes. Ebenfalls nicht von der Hand zu weisen ist, dass es seitdem kontinuierlich abwärts ging bei Udo Dirkschneider, eine Entwicklung, die im produktionstechnsich völlig an den Baum gefahrenen "Rev-Raptor" gipfelte. Nach der Demission von Kaufmann konnte man mit "Steelhammer" das Ruder wieder herum reißen, doch schon "Decadent" offenbarte alte Schwächen und suchte sein Heil in einer etwas moderneren Ausrichtung. Nun hat Jacob Hansen das Ganze betreut, ein durchaus fähiger Mann, der bisher aber noch nicht im Umfeld tätig war.

Schon die ersten Töne des Intros lassen direkt an die deutsche Metallegende denken und tatsächlich nimmt "Tongue Reaper" auch in deren Stil mächtig Fahrt auf. Alle Zutaten, vom Klang über die Chöre und Leadfills bis hin zum Solo sind eindeutiges Handwerk aus der Messerstadt. Vor allem die klangliche Komponente ist erfreulich, so empfiehlt sich Hansen durchaus, wenn Andy Sneap anderswo nicht mehr der richtige Mann sein sollte, immerhin war ja auch das letzte Werk von Baltes, Hoffmann und Co. nicht der Überflieger. Ebenfalls den Fuß auf das Gaspedal legen "Rising High" und "Eraser", wobei ersteres von der DoubleBass getrieben wird, während beim zweitgenannten die Leadgitarren dominieren.

Wenn allerdings die Sache etwas entschleunigt wird, schleichen sich schnell allzu viele Wiederholungen ein. Das Muster mit heftigem Auftakt, gedrosselter Strophe inklusive pumpendem Bass und dann einer Steigerung zum Chorverstärkten Refrain wird irgendwann zur Masche. Sogar bei der Halbballade "A Bite Of Evil" bedient man sich dieses Songaufbaus, auch wenn der Kontrast zwischen schleppendem Groove und weiten Melodien zu gefallen weiß. Doch mit dem abschließenden, fast akustischen Ballade "The Way" findet man nur ein Stück, welches klar aus dem Rahmen fällt.
Da muss man die Unterschiede schon im Detail suchen, die sind aber zum Glück genügend ausgefeilt. "Keeper Of My Soul" stellt die einzige etwas modernere Komposition, doch auch hier werden die Chöre schön episch. Typischen ACCEPT-Groove, der alles zermalmt findet der Hörer in "Raise The Game", diese Nähe sucht noch "One Heart One Soul". Die Nummer belegt aber, dass "Steelfactory" dann am besten funktioniert, wenn der Druck etwas heraus genommen wird und man den Liedern etwas Raum zugesteht, "Rose In The Desert" nimmt mit seiner Atmosphäre und der knalligen Bridge dankend an.

Wenn wir schon über Querverweise an die Vergangenheit reden, wer im rockigen "Make The Move", einem angenehmen Ausreißer, Ähnlichkeiten zu "Living For Tonite" findet, darf sie behalten. Ansonsten sucht man das Heil eher im weniger offensichtlichen und baut ganz geschickt kleine Schlenker, gerne mal in Form von akustischen Klampfen ein. Besonders tun sich da die orientalischen Klänge hervor, die es so noch auf keinem U.D.O.-Longplayer gab. Scheint im Metal ja sehr hip zu sein, ich kann mich nicht ganz damit anfreunden, mir gefallen die Anleihen bei der Klassik und russischer Folklore wie in "Blood On Fire" besser.
Das ist aber Geschmackssache und als zusätzliche Klangfarbe sind die orientalischen Motive durchaus interessant. Bei "In The Heat Of The Night" funktioniert das auch sehr gut, wobei die Nummer auch auf "Faceless World" ihren Platz gefunden hätte. Man muss zwar festhalten, dass die Zeit als DIRKSCHNEIDER sich klar in der Ausrichtung bemerkbar macht, doch wie eingangs erwähnt hat die Band dann ihre besten Momente, das ist einfach die DNA vom guten Udo. Qualitativ pendelt sich das Album zwischen den beiden letzten ein und gehört sicher zu den besseren Veröffentlichungen, die ganz großen Klassiker sind aber ein Stück weit entfernt. (Pfälzer)

 

Bewertung:

Pfaelzer7,5 7,5 / 10


Anzahl der Songs: 13
Spielzeit: 58:35 min
Label: AFM Records
Veröffentlichungstermin: 31.08.2018

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