Thunder - All The Right Noises

thunder alltherightnoisesNach der zweiten Reunion veröffentlichten die britischen Hardrocker zwei starke, jedoch recht ähnliche Scheiben, die bei den Fans und Kritikern gut ankamen. Seitdem war man wieder mehr auf Tour, mittlerweile hat man eine große Kontinuität in der Band, welche auf dem Livedokument "Stages" festgehalten wurde. Nebenbei nahmen THUNDER vor zwei Jahren mit "Please Remain Seated" eine Scheibe mit akustischen Neubearbeitungen ihrer Songs auf. Aufgrund von Corona hatte man jetzt viel Zeit für Songwriting und Studioarbeit, die gewinnbringend genutzt wurde. Daher erscheint jetzt auf "All The Right Noises" das erste frische Material seit vier Jahren.

Ein melodisches Fill als Intro, dann ein knackiges Riff, das die perfekte Balance zwischen Blues und Rock findet, anschließend übernimmt das Schlagzeug mit zackig treibenden Beats. Schon bei " Last One To Turn Off The Light" wird klar, dass die alten Herren hier unerwartet spontan zu Werke gegen, herrlich direkt und voller Spielfreude. Da blitzt mal ohne Schnörkel eine leichte Psychedelic-Anleihe im Opener auf, am Ende von fast jedem Song bauen sie noch eine überraschende Coda ein. Die Scheibe sprudelt nur so vor Ideen, die sich aber nie aufdrängen und sich ins erdige Gesamtbild einfügen. So ursprünglich waren die Fünf noch nie unterwegs, streckenweise hat man die British Blues Explosion für sich entdeckt.

Die hat jüngst auch andere Musiker wie JOE BONAMASSA inspiriert, der über den Weg auch den Schritt nach vorne suchte. THUNDER gelingt das allerdings besser, weil sie ohnehin stets etwas deftiger unterwegs waren. Am besten macht sich die Marschrichtung im Heavy Blues von "Young Man" bemerkbar, dessen schweres Riff auf die Orgel gebettet nach vorne treibt und die Aufbruchszeiten der späten Sechziger hochleben lässt. Doch die Nummer hat noch mehr zu bieten als den euphorischen Refrain, über welchen die Band im Chor "Hey!" skandiert. Plötzlich wendet sich das Geschehen dem Funk zu, Bläser finden sich ohnehin öfter auf der Platte, aber mit dem Proto-Rap überrascht Danny Bowes so richtig.

Wo wir schon bei Bonamassa sind, der hat einst in "Trouble Town" gezeigt, dass sich Riff Rock und Blasinstrumente gegenseitig befruchten können, in "Going To Sin City" nutzen die Briten diese Erfahrungen für sich. Auf der anderen Seite des Atlantik bleiben sie auch in "She´s A Millionairess", das in die Südstaaten entführt, der Groove, das E-Piano und die weiblichen Chöre bringen LYNYRD SKYNYRD-Farben ins Spiel. Gerade auf die letztgenannte weibliche Unterstützung griff man bereits beim Vorgänger zurück, hier wird ihre Rolle noch weiter ausgebaut.
An Anklängen an ihre Heimat wagt man sich mit klimpernden Honky Tonk-Piano an den Pub Rock heran, "You´re Gonna Be My Girl" serviert eine lässig treibende Variante davon. Und wo die Sechziger gerne als Inspiration herhalten dürfen psychedelische Nuancen nicht fehlen, die es ja zum Auftakt gab. In "Destruction" geht mit den Kontrasten noch weiter, ruhig zu Beginn, das Riff lauert, wird von ein paar Psych-Licks durchschnitten. Plötzlich brettert dann ein Riff ansatzlos über den Hörer hinweg, das sich gewaschen hat, tief und kraftvoll, ganz im Geiste jener explosiven Ära.
Doch THUNDER verstehen sich auch darin den ganzen Song im ruhigen Tempo zu überzeugen, "I´ll Be The One" ist die typische Pianoballade, hier etwas opulenter und mit schönem bluesigen Solo. Noch interessanter gestaltet sich das akustische "The Smoking Gun", fast eine Reminiszenz an die letzte Veröffentlichung. Diese Folkschlagseite hatte schon "The Rain" auf "Wonder Days", hier versuchen sich Luke Morley und Ben Matthews erneut mit Klasse an den Mandolinen und zaubern flirrende, einnehmende Klänge hervor, wobei die Voicebox ein weiteres Gimmick ist.

Der brillant singende Danny Bowes und seine Mitstreiter haben hier und da an den Stellschrauben gedreht und eine Wundertüte geöffnet. Sie loten die Grenzen ihres Genres weit aus, wenn auch nicht so eklektisch wie auf dem Ausnahmewerk "Behind Closed Doors". Mit "All The Right Noises" führt die Formation ihren Lauf fort, der Mut, die Offenheit für Neues nach einer so langen Karriere zahlt sich aus, gerade weil man sich im Kern treu bleibt. Drei Alben von dem Format sind ihnen seit ihren ersten drei nicht mehr gelungen.
Klar gab es zwischendurch Highlights wie "Shooting At The Sun", doch nicht mehr so in Serie, wenn sie auch nie ein schwaches Album veröffentlicht haben. Hier passen einfach die Songs und die Musiker verstehen sich blind, der Spaß dringt durch jede Note und die vielen Details werden kompakt eingebunden. Jene Selbstverständlichkeit spiegelt sich dann auch in der Produktion wieder, die den raueren Ansatz weiterverfolgt. Alleine der Schlagzeugsound ist in Zeiten sterilen Autotunes und komprimierten Masterings eine Wohltat. (Pfälzer)

 

Bewertung:

Pfaelzer8,0 8 / 10


Anzahl der Songs: 11
Spielzeit: 48:54 min
Label: earMusic/Edel
Veröffentlichungstermin: 12.03.2021

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