Totgesagte leben länger. Auch KANSAS, die 1972 im gleichnamigen amerikanischen Bundesstaat gegründet wurden, feiern fünfzigjähriges Bandbestehen und sind nach wie vor eine erfolgreiche Tourband. Natürlich nicht mehr in der Originalbesetzung, werden aktuell die beiden Gründungs-Member, Richard (Rich) Williams an der Gitarre und Drummer Phillip Ehart, von Sänger Ronnie Platt (seit 2014), David Ragsdale ( Geige, Gitarre, seit 2006), Bassist Billy Greer (seit 1985) und Keyboarder Tom Brislin komplettiert.

KANSAS waren Wegbereiter des klassischen progressiven Rocks in den 1970er Jahren und verzeichneten in dieser Dekade auch ihre größten Erfolge. Ihre Alben „Point Of Know Return“ und „Leftoverture“ verkauften sich millionenfach und verzeichneten Platinauszeichnungen. Die Single-Auskoppelungen „Dust In The Wind“ und „Carry On Wayward Son“ sind wahrscheinlich jedem Menschen auf diesem Planeten bekannt, der irgendwann mal ein Radio angestellt hat. Die Verschmelzungen der Rockmusik mit klassischen Elementen und insbesondere der Einsatz eines permanenten Violinisten bildeten ein Alleinstellungsmerkmal und prägen bis heute den Musikstil der Band. KANSAS können radiotaugliche Songs spielen und epische Werke von sphärischem Ausmaß schaffen. Bekannt sind sie für ständige Akkord- und Taktwechsel von kollektiver, teils improvisierter Genialität, mit transzendentem Klangmuster.

Gerade das 16. Studioalbum von KANSAS, "The Absence Of Presence", von 2020, klingt derart frisch und zeitlos, dass es nahtlos an die großen Werke der siebziger Jahre anknüpft; ein progressives Meisterwerk auf ganz hohem Niveau, eine Symbiose von GENESIS/YES-affinen Melodien, Hardrock-Riffs, komplexen symphonischen Passagen und ausufernden Synthie-und Hammond-Orgien. Zum fünfzigjährigen Band-Jubiläum erscheint nun „Another Fork In The Road - 50 Years Of KANSAS". Und wer nicht sowieso schon alle Werke der Band besitzt, sollte bei dieser „Super-Best-Of“-Compilation, die 41 Songs aller Dekaden des Schaffens aller veröffentlichter Alben auf drei CDs berücksichtigt und die Liner-Notes von Journalist Jeff enthält, unbedingt zuschlagen.

Hierbei gehen KANSAS chronologisch in umgekehrter Reihenfolge vor. Demnach beginnt die Scheibe mit der 2022 neu aufgenommenen Version des Klassikers „Can I Tell You“ aus dem Jahr 1974 und den beiden genialen Songs „The Absence Of Presence“ und „Throwing Mountains“ vom jüngsten Longplayer „The Absence Of Presence“ aus dem Jahr 2020. Danach geht’s chronologisch weiter, allerdings von jetzt nach damals. Und hört man das letzte Stück, „Journey From Mariabronn“ aus dem Jahr 1974 und vergleicht es mit dem Titelsong des letzten Albums, weiß man, wie treu sich die Band doch geblieben ist.

„Another Fork In The Road“ ist eine umfassende Zusammenstellung dieser einzigartigen, virtuosen Band und bietet einen repräsentativen Querschnitt; für Einsteiger bestens geeignet. Wahre Fans würden eher bemängeln, dass jeder Song von KANSAS eigentlich Bestandteil einer Compilations-Scheibe sein sollte. Besonders beeindruckt mich, dass die Band auch den Verlust immens wichtiger und kreativer Bandmitglieder wie Gitarrist, Keyboarder und Songwriter Kerry Livgren, Sänger Steve Walsh mit seiner begnadeten Stimme oder den virtuosen Geiger Robbie Steinhardt kompensieren konnte und dennoch ein so hohes musikalisches Niveau halten konnte. (Bernd Eberlein)

Bewertung:

 9 / 10

Label: Inside Out
Anzahl der Songs: 41
Spielzeit: 230:09 min
Veröffentlichungstermin: 09.12.2022