Check Your Head Vol. 2 (16.11.2019, Dortmund)

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Eine Festivalreihe zu etablieren und auch am Laufen zu halten ist eine Herausforderung, die sämtliche mir bekannten Fallstricke bereithält. Wichtig ist ja, dass es eine solide Grundlage gibt und man nicht ständig nach neuen Veranstaltungsplätzen Ausschau halten muss. Das Team (be)steht zum Glück auch weiterhin und das Dietrich-Keuning-Haus ebenfalls

Es verspricht ein guter Abend mit vielen lieben Leuten zu werden. Zuvor stärken Karin und ich uns noch mit der anderen Karin in der Münsterstrasse und quatschen was das Zeug hält, da wir uns ja nicht so oft persönlich sehen. Musikfreaks unter sich halt und wehe, wenn sie losgelassen. Es wird Zeit und so latschen 2x Karin und ich vor die Halle wo schon einige bekannte Gesichter rauchend rumlungern. Drinnen Rauchen ist betriebspolizeiundfeuerwehrgesetzlich verboten und hat die Beendigung der Veranstaltung zur Folge und das sollte man im eigenen Interesse dann tunlichst vermeiden. 
Endlich gehts rein! Im großen Vorraum hat man sich was neues einfallen lassen: Musikvideos auf einer großen Leinwand. Das kommt gut und macht Lust auf die Veranstaltung selbst. Der Raum ist so immens groß, dass man da durchaus das ganze Festival unterbringen könnte, aber das geht wohl wegen der Lautstärke nicht. Eine gleichzeitige Schallplattenbörse wäre eventuell eine Überlegung wert.



Aber genug davon jetzt, es geht langsam los und ich will den Anfang und vor allem BLACK VULPINE auf keinen Fall verpassen. Schön, wie viele Leute schon da sind! Dann hat sich die ganze Mühe, das Festival auf die Beine zu stellen, schon mal gelohnt!


Black Vulpine

Das Dortmunder Stonergewächs BLACK VULPINE entdeckte ich irgendwann 2016 bei Soundcloud. Ich war tief beeindruckt vom Sound und bestellte mir dringend das erste Album „Hidden Places“. Später dann traten sie sogar beim Rockavaria in München auf und ich dachte für mich, dass die Band es schon ganz schön weit gebracht hat. Leider war im Laufe der Zeit dann nie ein Termin passend, um BLACK VULPINE auch mal live zu sehen. Der pulsierenden Untergrundszene wegen, verlor ich sie leider auch erstmal aus den Augen.
Um so erfreuter war ich, als Mephi und Danny BLACK VULPINE für CHECK YOUR HEAD II aufs Plakat pinselten. 

Und da stehen sie nun zum Greifen nahe vor mir auf der Bühne und ich bin schon etwas aufgeregt. Der zweistimmige Gesang von Sarah und Daria in Kombination mit wuchtigen Riffs und treibendem Beat von Drummer Rüdiger und Basser Stefan haben es in sich. Irgendwo zwischen RED FANG und QOTSA liegt der Sound von BLACK VULPINE, der mal federnd leicht, mal schwarz und schwer scheint. Sarah und Daria wiegen sich oft im eigenen Sound und stehen sich dabei gegenüber. Stefan schiebt seine tiefen Töne als Grundlage drunter, während Rüdiger schwungvoll die Felle und Becken peitscht. 

Die Lieder vom neuen Album „Veil Nebula“, welches im März diesen Jahres erschienen ist, sind mir leider noch nicht geläufig, passen jedoch prima zu den mir gut im Ohr sitzenden Stücken wie „White Witch Woman“ und meinem Favoriten „Twisted Knife“. Nach sechs Stücken ist mit „Liar“ vom neuen Album leider schon das Ende des Gigs erreicht. Ich klaue mir zu „Archivzwecken“ die Setlist unter den strengen Augen von Sarah weg und bin erstmal ein glücklicher Fan.


Bevor MOTOROWL die Bühne entern, muss erstmal ein bisschen was ab und aufgebaut werden, schließlich gibts jetzt zusätzlich auch noch ein Instrument mit Tasten dran.
Währenddessen lasse ich mir mal was aus dem sehr abwechslungsreich gefüllten Kühlschrank geben und die Qual der Wahl fällt wieder auf dieses leckere Craft-Beer, dessen Namen ich schon wieder vergessen habe.

 

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Motorowl

Ich kann mich noch ganz gut entsinnen, dass ich bei meiner ersten Begegnung von MOTORWOL, trotz Schmerztabletten, von deren Sound tief beeindruckt war. Das war 2017 und es war im Cassiopeia in Berlin im Rahmen des DesertFest. Dann wieder lange nix bis sie 2018 das Freak Valley Festival eröffneten. Trotz gleißender Sonne direkt auf die Bühne zogen MOTOROWL ihr Ding durch und danach war Frontmann Max so durch, dass er sich bevorzugt im Schatten oder im Merchzelt aufhielt. Diese Formation aus Thüringen kämpft sich mit ihrem majestätischen und progressiven Rock mit Metal-Einflüssen nach vorne und ist deshalb ständig unterwegs. Dieses Jahr im Mai haben wir die Truppe als Vorband von SAMAVAYO und STONED JESUS in Marburg erlebt und im August dann beim NOAF (Neuborn Open Air Festival). Ich schreibe das alles weil ich denke die Band ist auf steilem Weg nach oben auf viel größere Konzertbühnen. So in etwa, was uns OPETH auf der aktuellen Tour gerade präsentieren. Eine entsprechende Bühnenshow mit Projektion passend zu den Songs habe ich bisher nur Marburg bestaunen dürfen. Heute Abend ist dafür anscheinend auch keine Möglichkeit vorhanden.

Das macht aber auch nichts! Die fünf Musiker agieren als wären sie zu zehnt auf der Bühne im Dietrich-Keuning-Haus. Da ist richtig was los. Da fliegen Haare bei Keyboarder Daniel und Basser Tim, da bebt das Drumkit unter den wuchtigen Schlägen und Showeinlagen von Martin und Frontmann Max versteht es wie von Stromschlägen getroffen zuckend mit einer Hand die Knöpfe der Bodentreter zu drehen, wenn er nicht gerade ausladend mit den Händen zum Text gestikuliert oder auf seine Gitarre eindrischt. Daneben wirkt Leadgitarrist Vinzenz eher cool und fokussiert, was sein aktueller Look mit Schnauzer und kurzen, blondierten Haaren auch noch unterstreicht. Eine sehr kurzweilige Show nimmt ihren Lauf. Leider bin ich mit den Titeln der Songs noch nicht vertraut, weil mir dazu immer noch die entsprechenden Platten fehlen, aber zumindest erkenne ich Textfragmente und Sound jedesmal wieder. Die Stücke wirken zwar komplex, entpuppen sich jedoch nach ein paar Wiederholungen als eingängige Ohrwürmer. Falls ihr „Om Generator“ und „Atlas“ noch nicht habt, greift zu!

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In einem späteren Chat nach dem Konzert schrieb mir Max auf Nachfrage wegen fehlender Setlist, dass sie wohl „Spiritual Helling“, „Atlas“, „Om Generator“, „To Take“, The Highest City“, „To Give“ und „Norma Jean“ gespielt haben.
MOTOROWL haben Spass an Ihrer Musik und das überträgt sich auch immer auf die Zuschauer.
Vor und nach ihrer Show wirken sie total locker und wie normale Musikfans, mit denen man hemmungslos über Musik quatschen oder wahlweise rumblödeln kann.

Zeit für den letzten Umbau. Das Equipment wird bis auf das Drumkit, welches den Abend über wohl von MOTOROWL gestellt wird, von der Bühne getragen und in Minimalkonfiguration für den letzten Act platziert. Ein bisschen leer sieht es jetzt schon aus. Also Platz genug zum Rumtoben!


Mother's Cake

Dass mir MOTHER’S CAKE gerade gar nicht zusagen, schiebe ich auf meine eintreffende Müdigkeit. Ich hatte ja schon in der Vergangenheit bemerkt, dass man deren Musik nur hellwach und gut eingehört genießen kann. Die Stücke wirken komplex, progressiv, quer und sperrig und dazwischen rocken sie wie Sau! 


Sänger und Gitarrist Yves wirkt nicht nur optisch sondern auch durch seine unvorhersehbaren Hüpfer und Ausbrüche auf dem Griffbrett seiner Gitarre wie eine überzeichnete Version von Kurt Cobain. Die Rhythmusfraktion, mit Basser Benedikt und Schlagzeuger Jan, halten dabei tapfer den immer mehr auseinander driftenden Klangbrei zusammen. Gut, vermutlich gelingt ein durchgezeichneter Sound nur in einer sehr gut bedämpften Halle oder draußen im Freien bei einem Festival. Hier jedoch überschlagen sich die Soundfragmente zu stellenweise ungenießbarem Kompott. Schade. Da hilft auch nicht, dass Yves nach vorne auf die Subwoofer hüpft und dort Gitarrenmätzchen mit Rückkopplungen vorführt. Sieht gut aus, aber ich hab den (musikalischen) Faden verloren. Immerhin erkenne ich einen Song! „The Killer“ hab ich noch im Ohr! 


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Der Klang ist vor der Bühne genauso undurchsichtig wie hinten am Mischpult. Das war bei MOTOROWL und BLACK VULPINE nicht so. Die vielen tanzenden Leute vor der Bühne sind jedoch anscheinend anderer Meinung und Feiern MOTHER’S CAKE kräftig ab.
Ich mache noch ein paar Bilder und gehe wieder nach draussen ins Atrium zurück.

Jetzt hab ich auch mal Hunger. Überall steht jemand und ist am mampfen. Volker vom Magazin Rockblog.Bluesspot meint, es wäre nicht mehr viel da vom Chili. Naja, ist ja auch schon spät und ich versuche mein Glück. 


Von der Essensausgabe dackelt gerade glücklich ein Mädel mit einer Portion Chili ab und mir schwant nichts gutes. „Tja“, sagt der Kerl mit der Schöpfkelle, „nur noch Reis da!“ Gut, dann nehme ich das eben. Zurück am Tisch hat Volker Mitleid und teilt seinen Rest Chili mit mir! Ich bin dankbar und müde.

Der Abend neigt sich dem Ende zu. Am Merch wird noch rumgealbert aber ich muss was einkaufen. Endlich genug Geld dabei um beide Scheiben von MOTOROWL zu kaufen und dazu noch die dicke Box des neuen Albums von BLACK VULPINE, wobei hier marriage-founding angesagt ist. Die Box vom neuen Album hat für das viele Geld dafür alles drin und für eine Einbauküche ist auch noch Platz.


Wir verabschieden uns so weit es geht und …biegen verkehrt herum in die Nacht ab und irren eine Weile durchs Dunkel, bestaunen sehr aktive (echte) Hasen (oder Karnickel?) in der Nacht und wundern uns warum wir die Strasse zurück nicht finden! Die Polizei sorgt sich um die beiden verwirrt ausschauenden Saarländer und zeigt den Weg, der Kopf ist jedoch nicht mehr in der Lage das umzusetzen. Ein Taxifahrer hilft gerne, nimmt uns mit und setzt uns vorm Hotel ab. Wir hüpfen über die Lache von Pisse vor der Eingangstür und freuen uns über ein sauberes Bett in einem einigermaßen ruhigen Zimmer.


Apropos freuen: das nächste CHECK YOUR HEAD Festival findet am 25.04.2020 statt. Gleicher Ort, neue Abenteuer warten!


Diese Veranstaltung ist ein Leuchtturm in dieser sonst Rock-widrigen Umgebung von Dortmund und darf gerne als Blaupause für ähnlich geartete Events dienen! Wer immer noch nicht verstanden hat, dass Rockmusik in all seinen Facetten ein großer Teil der Kulturlandschaft in Deutschland ist, muss damit rechnen auf dem Abstellgleis zu landen! Das Dietrich-Keuning-Haus darf trotz seiner allgemein gut abwaschbaren Anmutung, als geeignete Begegnungsstätte für facettenreichen Rock dienen an dem alle Beteiligten wachsen können. Ich wünsche mir daher mehr Mut von Dortmund, aber auch von schon in der Szene gefeierten Bands dort ihren Beitrag zu leisten. Nur so profitieren alle davon. (Andreas)

(Fotos: Karin, Andreas)

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