Warum wir als Metalmagazin die neue Scheibe der STEVE MILLER BAND zum Reviewen bekommen haben weiß ich nicht so recht. Gut, sie sind bei Loud&Proud, dem Classic Rock-Unterlabel von Roadrunner unter Vertrag, das verpflichtet natürlich. Eher im Bluesrock zuhause passen sie nur bedingt in unser Programm, aber mich persönlich stört das weniger, bin ich doch für alle Rockspielarten empfänglich. Und sind wir ehrlich, selbst als gestandener Metaller sollte man Hits wie "Jet Airliner", "Fly Like An Eagle", "Abracadabra" und vor allem "The Joker" kennen.
Die sind alle schon verdammt lange her, denn Steve Miller ist mittlerweile 66 Jahre und da damit nach der Weise eines Österreichers das Leben erst anfängt hat er mit "Bingo!" sein erstes Album seit 17 Jahren. Dabei geholfen haben ihm wie immer viele Gäste, da seine Formation eher Projektcharakter hatte, lediglich der im letzten Oktober verstorbene Norton Buffalo war 33 Jahre lang sein "Partner in Harmony".
Und Blues ist auch das Thema bei der neuen Scheibe, denn der
Mann hat sich einige Klassiker der Geschichte vorgenommen, Lieder von seinen
alten Helden wie Jimmy Reed und T-Bone Walker. Alles Songs, die er im Laufe der
Jahre gesammelt hat und die er zum Teil schon in den Sechzigern in der
Chicagoer Bluesszene zum Besten gab. Kennen tue ich zwar nur einen Song, aber
so manches Lick und viele Melodien kommen mir bekannt vor.
Lediglich die George Harrison-Komposition habe ich zuvor in der Bearbeitung von
GARY MOORE gehört. Die fällt aber um einiges anders aus, obwohl viel Material
dem Stil des Iren nicht unähnlich ist. Hier wurde mit Percussions eine
hypnotische, leicht spacige Stimmung geschaffen, wie man sie von SANTANA her
kennt. Und das nicht von ungefähr, denn mit Michael Carabello und Adrian, dem
Sohn von Joe „Chepito“ Areas finden sich zwei Musiker aus dessen Umfeld auf der
Gästeliste.
Diese wird von seinem guten Freund Joe Satriani angeführt,
der gleich mehrere Songs wie etwa „Come On (Let The Good Roll)“, die noch
„energischste“ Nummer auf „Bingo!“. Dazu kommen noch alte Freunde wie etwa
Bonnie Raitt, Carlos Reyes oder Andy Johns an den Reglern.
Ansonsten lässt er es davon abgesehen, dass er kein neues
Material schrieb auch ziemlich gediegen angehen. Der mit ein paar Effekten
aufgemotzte Opener „Hey Yeah“ kommt entspannt und lässig ums Eck ebenso wie das
folgende beschwingte „Who´s Been Talkin´“. Hier setzt der Meister auf das
schöne Wechselspiel aus Harmonika und Pianotupfern.
Anschließend rollt der Boogie in „Don´t Cha Know“ mit derselben
Relaxtheit hinein wie sie die gesamte Scheibe ausmacht. Das permanente
Durchexerzieren eines Grundthemas an den sechs Saiten, wie es für den Blues typisch
ist demonstriert die Truppe dann bei „Rock Me Baby“.
„Tramp“ bringt dann richtig schwarze Einflüsse, hier schimmern Funk und Soul durch und der Titel „Sweet Soul Vibe“ ist absolut wörtlich zu nehmen. Für die meisten Leser dieses Magazins völlig ungeeignet sorgen die feinen Chöre für wohlige Stimmung und erinnern an Zeiten in denen man Rhythm´n´Blues noch hören konnte. Was einem ja heute unter dem Banner verkauft wird ist bestenfalls zum Fortlaufen.
Die STEVE MILLER BAND bringt uns hier ein nettes Bluesalbum,
bei dem das Feeling der beteiligten spürbar ist. Was mir aber fehlt sind vor
allem die langen Solopassagen, die Improvisationen, die einfach zu dem Genre
gehören, hier hat beispielsweise GARY MOORE mehr zu bieten. Die Lieder stehen
im Vordergrund und wurden auf ein Minimum reduziert.
Dazu könnten die Arrangements ein wenig mehr Schmiss vertragen, die ganze
Scheibe wirkt zu routiniert, auch wenn man das Händchen für den richtigen Ton
erkennen kann. Insgesamt fehlt hier einfach das nötige Quäntchen an Biss, die
ganz große Euphorie, und auch der Sound ist ein wenig zu altbacken ausgefallen.
Dennoch gerade in den kommenden Sommernächten schön anzuhören. (Pfälzer)
Bewertung: 6,5 / 10
Anzahl der Songs: 10
Spielzeit: 32:30 min
Label: Space Cowboy Records/Loud&Proud/Roadrunner Records
Veröffentlichungstermin: 18.06.2010