Kinopremiere von Metallica - S&M2 (13.10.2019, Kaiserslautern)

metallica sm2kinoflyerSie war nie ganz unumstritten, die "Symphony & Metallica"-Geschichte, dennoch muss sie rückblickend als Erfolg gewertet werden, immerhin konnte man damit "Nothing Else Matters" weltweit an die Spitze der Charts katapultieren. Weichgespült nannten es die einen, mutig und innovativ die anderen, ich halte es eher mit zweiter Kategorie. Zum zwanzigsten Jubiläum keimte bei der größten Metalband des Planeten die Idee auf, das Ganze zu wiederholen, immerhin hat man nun mehr Erfahrung und neue Songs im Gepäck. Die beiden Konzerte zur Eröffnung des Chase Center in San Francisco wurden zum großen Erfolg, weswegen auch diese Auftritte aufgezeichnet wurden. Nach der Akustikplatte kommen METALLICA bereits zum zweiten Mal mit einer ungewöhnlichen Veröffentlichung in diesem Jahr um die Ecke. Zudem gab es in vielen Kinos rund um den Erdball Vorabaufführungen, NECKBREAKER hat in Kaiserslautern eine besucht, konnte "S&M2" die Redakteure erneut begeistern?

Man muss gleich vorweg nehmen, dass es dieses Mal tatsächlich gelungen ist, das Orchester noch mehr heraus zu stellen und sich die Möglichkeiten, welche dieses bietet ausgiebiger genutzt zu haben. Vor allem zu Beginn des zweiten Sets erweisen sich die Bay Area-Jungs und ihr Team als große Freunde klassischer Musik. So darf das Orchester mit dem zweiten Satz von Prokofievs "Scythian Suite Op.20" erneut alleine ran und so den Metalfans ihre Welt zu eröffnen. Danach spielen Band und Orchester gemeinsam die Mosolov-Komposition "Die Eisengießerei", welche sich als Thema perfekt anbietet.
Vollkommen überrascht das Unternehmen als dann James Hetfield nur vom Orchester unterstützt "The Unforgiven III" darbietet. Auf Platte weiß die Nummer nicht an seine Vorgänger heran zu reichen, doch hier bietet der Frontmann seine vielleicht emotionalste Gesangsleistung seiner Karriere. Emotionaler kann es nur noch mit dem Gedenken an den großen Klassikliebhaber aus Bandkreisen zugehen. Solo-Kontrabassist Scott Pingel setzt dessen legendäres Solo "(Anesthesia) Pulling Teeth" auf seinem Instrument um und kann dem ganz neue Facetten und viel mehr Fluss entlocken.

In der Tat haben METALLICA mit dem San Francisco Symphony Orchestra Orchestra wieder großartiges geschaffen. Auch wenn mit Michael Kamen der Dirigent fehlte, der Rock und Klassik so zusammen brachte wie kein anderer zuvor, hat man würdige Nachfolger gefunden. Für die Lieder der letzten drei Alben verfasste Bruce Coughlin die Arrangements, während bei den schon im ersten Teil gebotenen Stücken Kamens Original verwendet wurden. Als Dirigenten standen Michael Tilson Thomas und der noch verhältnismäßig junge Edwin Outwater zur Verfügung.
Der Altmeister ist ein lebensweiser, humorvoller und scharfsinniger Zeitgenosse, während sein Kollege bei seinen Schwüngen mit dem Taktstock immer ein wenig die Metalposen mitlebte. Das lässt sich natürlich großartig anschauen und zeigt die Begeisterung, welche die Herren mitbringen. Auch bei einigen Musikern lässt sich in den Gesicht das Interesse ablesen, während andere hochkonzentriert keine Miene verziehen. Hinter das Geheimnis, wie es Dirigenten mit nur wenig Bewegungen fertig bringen, ganze Orchester zu leiten, werde ich selbst bei den Nahaufnahmen nie kommen, es bleibt ein Riesenrespekt vor deren Leistung.

Was neben dem Zusammenspiel von Orchester und Band ebenso genial eingefangen wurde ist das Publikum. Diese neue Halle scheint mir von Schnitt und Bauweise eher eine Sportarena zu sein, doch dadurch entfachen die aus allen erdenklichen Nationen angereisten Fanclubmitglieder einen wahren Hexenkessel. Der Jubel übertönt schon mal ein ruhiges Intro und wenn Hetfield um Chöre kam, dann rollte es mächtig von den Tribünen runter. Es ist auch unglaublich, wie gut das Ding innerhalb eines Monats produziert wurde, Greg Fidelman ließ der Dynamik für heutige Hörgewohnheiten noch viel Raum und alle Details waren klar zu erkennen.
Lediglich die viel zu präsenten mittleren Höhen der Kinolautsprecher wirkten auf Dauer bei der hohen Lautstärke etwas nervig. Von der Bildregie her ist "S&M2" ebenso stark umgesetzt, die Bildschnitte folgen oft dem Tempo der Songs, wobei ohnehin die scher stampfenden Momente die Verquickung beider Welten am besten darstellte. Der Zuschauer hat immer wieder Zeit genug für sehr genaue Einblicke in die Arbeit der Musiker, gerade auf der Mega-Leinwand. Dazu kamen die Kinobesucher auch in den Genuss einer kleinen Doku, auch wenn sich Lars Ulrich wie gewohnt zu gerne reden hört.

Für eine Band, denen die Anhänger oft vorgeworfen haben, nie ein richtiges Livealbum gemacht zu haben, setzten METALLICA bei den Livedokumenten erstaunlich viele Maßstäbe. Man denke an die erste Auflage der Klassikbearbeitung, den "Through The Never"-Film und "All Within My Hands", von welchem hier die akustischen Arrangements des Titelsongs verwendet wurden. Doch vielleicht beruht ihr Erfolg auch darauf, nie das zu tun was man von ihnen erwartet. Als die Urfans eine weitere Schlachtplatte wie "Kill ´Em All" forderten, wurde die Truppe immer opulenter und progressiver.
Als diese Richtung ausgereizt war, frönten sie auf dem sogenannten schwarzen Album urplötzlich dem Stadionrock und rockten damit eben jene. Mitte der unsäglichen Neunziger war der Classic Rock am Boden, was den Vierer nicht davon abhielt mit "Load" ein großartiges Stück dieser Spielart einzuzocken. Selbst dem Mut zur klangtechnischen Hässlichkeit auf "St. Anger" muss man aus heutiger Sicht Respekt zollen, auch wenn das sicher ein kreativer Fehlschlag war. Nun hat sich die Legende erneut in einem schwierigen Thema behaupten, und damit ihre Musikalität unter Beweis stellen können. Und nur darauf kommt es am Ende des Tages an! (Pfälzer) 


Ich bin zwar nicht der Riesen-Klassik-Fan doch ich muss schon zugeben, dass es was hat, wenn klassische Musik sehr laut aus den Boxen dröhnt. Noch mehr hat es dann, wenn es gepaart mit Rock- oder Metal-Musik ist. Zum ersten Mal konnte ich mich davon live dieses Jahr bei ACCEPT überzeugen und auch wenn die erste "S&M" für mich schon eine Weile zurückliegt, konnte ich dieser Möglichkeit nicht widerstehen. Wie mein Kollege bereits sagt, ist "S&M2" mutiger und wagt mehr Experimente. Die Band zeigt sich offener und das was versucht wird, gelingt auf ganzer Linie. Der erste Akt ist zweifelsohne sehr intensiv und wahnsinnig gut. Das altbekannte Ennio Morricone-Werk "The Ecstasy Of Gold" ist mit einem Orchester noch zig Mal genialer als auf Band und METALLICA spielen die erste Hälfte sehr tight und auf den Punkt. Das "The Call Of Ktulu" mich direkt hinter dem Intro fast im Kino sterben lässt, macht mir direkt klar, wie sehr ich es bereut hätte, dieses Spektakel nicht im Kino zu sehen. 

Der Band ist durchgehend anzusehen, wie viel Spaß sie bei der Sache haben, auch wenn ich selbst etwas vom optischen Alter von James Hetfield erschrocken bin. Scheinbar habe ich METALLICA mehr aus den Augen verloren, als mir klar war. Der Beginn von Akt 2 wird von Michael Tilson Thomas eingeleitet und die beiden reinen Orchesterstücke sind imposant und bauen eine gewisse Atmosphäre auf. Dennoch muss ich für mich zugeben, dass es für mich nichts ist. Ich bin aber sehr froh darüber, dass es den Teil gibt, denn so wird auch dem Orchester mehr Freiraum geboten. Ich möchte zum Beispiel nicht darüber nachdenken müssen, wie viele Noten die Damen und Herren an diesem Abend zu spielen hatten und wie schwer es ist alles auf den Punkt, gemeinsam mit einer Band zu treffen. 

Fraglich wird es für mich auch immer sein, wie ein Dirigent die Menge im Griff hat, auch hier von meiner Seite den größten Respekt. Was auf die zwei Klassik-Stücke folgt, ist neben "The Unforgiven III", das von Hetfield gesungen wird (unheimlich, ihn ohne Gitarre singen zu sehen) noch ein ultimatives Tribute an Cliff Burton. "(Anesthesia) Pulling Teeth" wird von Scott Pingel auf dem Kontrabass gespielt, auch die Verzerrung kommt zum Einsatz - Sprachlosigkeit, das ist einfach unglaublich gut. Der Abschluss mit einem altbekannten Hitfeuerwerk lässt mich hingegen ein wenig kalt, wenn auch zweifelsohne notwendig und großartig hätte ich es hier interessanter gefunden wenn Nummern wie "Fight Fire With Fire" zum Beispiel zum Zuge gekommen wären. Natürlich wäre hier noch mal zusätzlicher Aufwand notwendig gewesen, allerdings hätte das "S&M2" für mich auf ein neues Level gehoben. Dennoch ist es eine sehr gelungene Fortsetzung, die ich jedem METALLICA-Fan nur empfehlen kann. (Pascal)


Großen Dank auch an das Team vom UCI-Kinowelt.

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