Epitaph (22.11.2019, Freudenburg)

epitaph tourflyerDer gute alte Krautrock scheint derzeit wieder ein Revival zu erleben, einige Bands haben sogar ihre eigenen Festivals am Start. Mit JANE, FARGO und EPITAPH war jüngst ein Dreier-Package unterwegs, wovon letztgenannte im Anschluss noch einzelne Konzerte gaben. Von der alten Garde gehören sie sicherlich zu den nach wie vor relevantesten, in den vergangenen Jahren war man auch im Studio schwer aktiv. Der aktuelle Output "Long Ago Tomorrow" erschien im Frühjahr, das natürlich auch im Gepäck war. Im Ducsaal ist die Formation immer gerne zu Gast, Band und Publikum kennen und mögen sich, weswegen der Kultclub wieder gut gefüllt war. NECKBREAKER machte sich zum zweiten Mal ein Bild davon, schließlich ist der Autor immer wieder gerne in Freudenburg.

Ja, es hatte schon etwas Familiäres an dem Abend, nicht nur weil die Location ohnehin ein Familienbetrieb ist. Als wir oben im Wirtshaus Weber noch unser obligatorisches Schnitzel zu uns nahmen gab es viele bekannte Gesichter zu begrüßen, hier oben verschlägt es viele Stammgäste hin. Doch auch neue Freunde sind auch immer gerne gesehen, die Familie, die mit drei Generationen vor Ort war, fand ich richtig süß.
So gab es schon so manches Shakehands mit den Musikern, bevor diese überhaupt die Bühne erklommen hatten. Die Vier fühlten sich daher schon direkt beim Start sichtlich wohl und hatten den Spaß in den Backen. Den hatte auch das Publikum, als es direkt mal ein Triple vom Referenzalbum "Outside The Law" zu bewundern gab. Sofort waren die doppelten Leadgitarren da, sofort war Stimmung im Saal.

Das war aber nur eine der Trademarks der Truppe, auch der Satzgesang saß perfekt, wobei sich Bassist Bernie Kolbe und Gitarrist Cliff Jackson beim Leadgesang abwechselten. Dieses eröffnende Paket wurde recht kompakt dargeboten, dennoch sollte es etwas dauern bis sich Kolbe zum ersten Mal an seine Fans wandte. Der ein oder andere Schlenker wurde gerne mitgenommen und auch ausreichend zelebriert, so dass die Stücke schön ins Schweben kamen. Eilig hatte es an dem Abend keiner, vielmehr hieß es in den Klangwogen aufzugehen.

Klanglich war mir das Ganze dieses Mal vielleicht ein wenig zu höhenreich abgemischt, dazu war Jacksons Gesang zu leise. Dafür knarzten Kolbes vier dicke Saiten so herrlich rau, was dem Auftritt ein besonderes Flair verlieh, die guten, alten Duesenberg-Teile können eben was. Das ist eben Clubatmosphäre ohne Netz und doppelten Boden, so kann sich kein Mucker hinter irgendwelchen Gimmicks verstecken.
Spieltechnisch so richtig heraus stach vor allem Heinz Glass auf der rechten Bühnenseite, der viele filigrane Soli bot. Sein Metallbeschlag auf dem Korpus war von den Plektren schon ganz abgewetzt, und ich kann Euch sagen, wie lange man braucht um mit Kunststoff Metall zu bearbeiten. Der Mann ging ganz in seinen Soli auf, vor allem das JIMI HENDRIX-Cover wurde zum großen Showdown, dazu bewies er sich auch im Slide-Spiel.

Mit Jackson verstand er sich blind, ihre doppelten Leads kamen perfekt auf den Punkt, wie auch das ganze Set. Das ist natürliche jahrelange Erfahrung miteinander, welche die Herren zu so einer Einheit verschmelzen ließ. Ob instrumental oder gesanglich, das Variieren der Dynamik beherrschten EPITAPH perfekt. Die Stimmungen wurden langsam aufgebaut, doch ab und an haute man einen überraschenden Bruch dazwischen. Es hätte nicht den Beweis gebraucht, dass Glass und Jackson hintereinander stehen und jeder auf der Gitarre des jeweils anderen spielt, aber ein cooler Effekt war das auf alle Fälle.

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Wenn sie da so in der Mitte zusammen standen und sich ihre Licks gegenseitig zuspielten, wurden sie immer wieder genau von Carsten Steinkämpe beobachtet, der schelmisch hinter seinem Drumkit hervorlugte. Ihn konnten die anderen Drei trotz nur kurzer Bandzugehörigkeit sehr gut integrieren. Seine Breaks saßen und er vemochte ein wenig mehr Schärfe in die Arrangements zu bringen. Mit seiner lockeren und weit hinten angesetzten Handhaltung zauberte er einen warmen Ton, doch er konnte auch fordernder agieren. Beim Drumsolo im letzten Song des regulären Sets zerbrach er sogar einen Stick.

Mit der Darbietung hatte man natürlich die Anhänger schnell auf der Seite, die ihrerseits immer wieder schön in den Chor einstiegen. Da brauchte es auch keinen Klassiker-Reigen, mehr als die Hälfte der Songs kam von den Scheiben nach der Reunion, vom Debüt wurde gar nichts gespielt, dafür als erste Zugabe das QUICKSILVER MESSNGER SERVICE-Cover, welches schon immer gerne ins Programm aufgenommen wurde.
Bernie Kolbe gab zwischen den Songs ein paar Anekdoten aus der Vergangenheit zum Besten und versuchte die Zuschauer mit ein paar witzigen Ansagen zusätzlich zu animieren. Dabei wirkte er so verträumt-entrückt wie viele Melodielinien seiner Songs. Manches schien auch etwas altbacken, aber die große Show war noch nie die Stärke der Formation.

Vielen ist dieses Ehrliche gerade recht, die Intimität des altehrwürdigen Clubs kommt solchen Gigs entgegen. Hier waren Künstler und Zuschauer eins, man konnte erkennen wie sie jeden Ton fühlten, ihnen genau auf die Finger schauen. Kein Wunder, dass sie für zwei Zugaben wieder heraus gefordert wurden, was die Musiker sichtlich erfreute, der Ducsaal war wieder gut zu ihnen. Am Ende standen zweieinviertel Stunden beste atmosphärische Rockunterhaltung zu Buche, wobei man es ganz zum Schluss mit dem Opener des aktuellen Albums noch mal krachen ließ. (Pfälzer)

Setlist EPITAPH:
Big City
Outside The Law
Woman
Windy City
Lost In America
Villanova Junction
Remember The Daze
Crossroads
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Nightmare
Ride The Storm
Looking For A Friend
One Of These Days
Stop, Look And Listen
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Who Do You Love
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Standing Like A Rock

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