Hammerfall - Dominion

hammerfall dominionWenn ein neues HAMMERFALL Album erscheint läuft das meistens nach dem immer gleichen Schema ab, 80% einer wie auch immer zusammengesetzten Szene verfahren nach dem Motto „Band scheiße = Album scheiße“ (siehe auch SABATON), 10% sind ganz zufrieden und der Rest sagt sich früher („Glory To The Brave“ (1997), „Legacy Of Kings“ (1998)) war sowieso alles besser.

Ich selber gehöre am ehesten zu der letzten Kategorie, denn wenn man um 1997 herum angefangen hat, Heavy Metal zu hören, dann haben diese beiden genannten Alben natürlich einen besonders hohen Stellenwert, was nicht bedeutet, dass man alles, was danach kam, automatisch abfeiert oder als schlecht empfindet.

Ich kann mir zwar guten Gewissens jedes der bis dato zehn HAMMERFALL Alben gut und gerne anhören und selbst der kurze Ausflug in eine etwas modernere Richtung beim „Infected“ Album hat der Band meiner Meinung nach gut getan. Wenn man die letzten Alben aber rückblickend betrachtet, dann kommt man nicht umher einzugestehen, dass HAMMERFALL nur noch Stagnation auf solidem Niveau betrieben haben, was man auch an unseren Bewertungen der Alben sieht, mal eine 7, mal eine 7,5 – das ist alles ok, aber nichts, was euphorisiert. Beleuchtet man die letzten beiden Alben „(r)Evolution“ (2014) und „Built To Last“ (2016), dann gibt es natürlich starke Songs wie „Hector’s Hymn“, „We Won’t Back Down“, „Hammer High“ oder „Built To Last“, an die man sich gerne erinnert, andererseits aber auch Peinlichkeiten wie das recht seltsame „Life Live Loud“ oder die missratene Ballade „Twilight Princess“ und in dem Zusammenhang kann man schon sagen, dass man sich als Band echt anstrengen muss, dass mir eine Ballade so überhaupt nicht gefällt.

Diese Entwicklung hat für die Band aber natürlich auch ihr Gutes, denn man erwartet als Fan und Hörer einer Band wie HAMMERFALL einfach weniger als noch früher und an diesem Punkt setzt dann auch endlich das elfte Studioalbum „Dominion“ an, das erneut über Napalm Records erscheint. Bei diesem Album haben sich die Schweden scheinbar vom letztjährigen „Firepower“ (JUDAS PRIEST) Geniestreich inspirieren lassen und sich gedacht, wenn die es schaffen, ihr bestes Alben seit 1990 („Painkiller“) zu veröffentlichen, dann schaffen wir es auch unser bestes Album seit 1998 („Legacy Of Kings“) zu schreiben und aufzunehmen.

Und das kommt dann schon ziemlich überraschend, denn bei „Dominion“ steigert sich die Band in allen Belangen und liefert ein Album ab, das man aus Überzeugung von der ersten bis zur letzten Nummer mit Begeisterung hören kann.
Das fängt schon mal damit an, dass der Sound der Platte endlich mal wieder so ist, wie es sein soll, die beiden Gitarren kommen gut zur Geltung, die Chöre wirken nochmals kräftiger als auf den letzten beiden Alben, verweichlichen aber ähnlich wie bei ACCEPT nicht die Songs, sondern verstärken die Hard & Heavy Ausrichtung des Albums, einer meiner Kollegen in der Redaktion würde jetzt sagen, die Chöre bei Songs wie „Dominion“ und „Testify“ klingen „männlich“. Und der Drumsound, sehr häufig der Schwachpunkt bei aktuellen Heavy Metal Produktionen, klingt bei „Dominion“ wie aus einem Guss. Man braucht eigentlich nur den Opener „Never Forgive, Never Forget“ heranzuziehen, um zu konstatieren, dass David Wallin das Schlagzeug inspirierter und mit mehr Finesse bearbeitet als auf dem „Built To Last“ Album. Hier haben James Michael als Produzent und die Band ganze Arbeit geleistet.

Auch beim Songwriting haben sich Oscar Dronjak und Joacim Cans deutlich gesteigert und sich auf ihre Stärken besonnen, auch nach Dauerrotation in den letzten Tagen finde ich auf diesem Album keine B-Ware und auch das kommt schon überraschend. War es sonst so, dass man vielleicht drei oder vier Songs hatte, die man gerne live gehört hätte, so kann ich mir dieses Mal vorstellen, dass man auch sieben oder acht Songs problemlos ins Liveset integrieren kann.

„Never Forgive, Never Forget“ ist der beste und auch abwechslungsreichste Opener seit einer halben Ewigkeit, der zeigt, dass HAMMERFALL auch Breaks in ihre Songs einbauen können, die folgenden im Mid-Tempo gehaltenen „Dominion“ und „Testify“ begeistern mit diesen starken Chören im Refrain, das Titelstück wird bestimmt live gespielt auf der nächsten Tour. Beide Songs haben eine etwas düsterere Färbung verglichen mit dem Rest des Materials. Etwas melodischer wird es dann im Folgenden bei „One Against The World“ und dem bereits bekannten „(We Make) Sweden Rock“, wobei diese Nummer natürlich schon recht vorhersehbar gestaltet wurde. Eben eine dieser typischen Gute-Laune Nummern von HAMMERFALL, eher im Hardrock angesiedelt als im brettharten Heavy Metal. Das ist sicherlich so der Song, bei dem die Masse wieder sagen kann, das hat man doch schon tausend Mal gehört.

Ein weiterer Pluspunkt beim aktuellen „Dominion“ Album stellen dann sogar die beiden Balladen dar, „Second To One“ ist das genaue Gegenteil von „Twilight Princess“ und bringt etwas Emotionalität ins Geschehen rein, wenn ich jetzt Vergleiche mit den SCORPIONS ziehe, rückt das den Song vermutlich aus Prinzip in ein schlechtes Licht und der Albumabschluss in Form von „And Yet I Smile“, ein Song über das sich nicht unterkriegen zu lassen, weiß ebenfalls sehr zu überzeugen und geht stilistisch mehr in die Halbballadenrichtung. Es mag sich nun wie ein Widerspruch anhören, aber es sind gerade auch diese beiden ruhiger gehaltenen Stücke, bei denen man richtig fühlen kann, wie gut der Drumsound geraten ist.

„Scars Of A Generation“ kommt nach der ersten Ballade des Albums als treibende und flotte Power Metal Nummer wie gerufen und bei „Dead By Dawn“ geht es wieder mehr in die ACCEPT Richtung, das ist auch eine dieser Nummern, die man wegen des Refrains unbedingt live hören möchte. Etwas schwächer wird es im Albumverlauf eigentlich nur bei „Bloodline“, was aber auch damit zusammenhängen mag, dass man bei den textlichen Peinlichkeiten der Band, die es wie bei so vielen anderen traditionellen Heavy Metal Bands nun mal leider auch gibt, nur dass sich da niemand groß dran stört, wenigstens gehofft hatte, dass HAMMERFALL nicht auch noch was zu dieser „Asgard“ Thematik machen werden. Nun also doch, es hätte aber auch noch viel schlimmer kommen können.

Wenn man also nicht auf die eingangs angegebene Gleichung „Hammerfall = scheiße“ setzt, dann fällt es wirklich schwer, bei diesem Album hier große Schwächen auszumachen, ganz im Gegenteil Songs wie „Dead By Dawn“, „Never Forgive, Never Forget“, „Scars Of A Generation“ oder auch das bis jetzt noch nicht erwähnte „Chain Of Command“ (kein JAG PANZER Cover) wissen ähnlich zu begeistern wie das Material vor gut und gerne 20 Jahren und das versetzt mich in einen ähnlich glückseligen Zustand wie im letzten Jahr beim JUDAS PRIEST Album, das abgesehen von den üblichen Nörglern, inzwischen von ganz vielen als einer von vielen Klassikern der Band angesehen wird.

Auch bei HAMMERFALL kann ich mir ähnliches vorstellen, dass man da in ein paar Jahren sagen wird, mit „Dominion“ hat die Band aus Schweden gerade noch rechtzeitig die Kurve gekriegt, weil man mehr Energie, mehr Herzblut und mehr Leidenschaft in diese Platte gesteckt hat und die Qualität von „Dominion“ in Sachen Songs und Sound wird nochmals klarer wenn man sich zwischendurch die neue SABATON auflegt, die mit einem ähnlichen Budget arbeiten können. Das soll jetzt kein SABATON Bashing sein, schließlich verfolge ich auch diese Band mit deutlich weniger Begeisterung schon seit den ersten Alben, aber dort wo SABATON alles überproduzieren, fokussieren sich HAMMERFALL auf das Wesentliche und wer sagt, dass „Dominion“ kein echter Heavy Metal ist, dem ist dann auch nicht mehr zu helfen.

Natürlich reden wir hier jetzt nur von HAMMERFALL und nicht von Bands wie JUDAS PRIEST oder IRON MAIDEN, welche die Szene bereits weit vorher geprägt, aber auch ihre Höhen und Tiefen gehabt haben und die Helden meiner Jugend sind da doch eher Bands wie BLIND GUARDIAN, DREAM THEATER oder QUEEN, aber auch diese Schweden hier haben mit ihren ersten Alben Spuren hinterlassen, die mich geprägt und beeinflusst haben, und dann tut es als Fan einfach wahnsinnig gut, wenn dieses alte Gefühl plötzlich wieder da ist. Ich hätte wirklich nicht gedacht, dass ich nochmals aus tiefster Überzeugung heraus 9 Punkte für ein HAMMERFALL Album werde geben können. (Maik)

Bewertung: 

Maik 20169,0 9 / 10

Anzahl der Songs: 12
Spielzeit: 50:30 min
Label: Napalm Records
Veröffentlichungstermin: 16.08.2019

Wir benutzen Cookies
Für optimalen Benutzerservice auf dieser Webseite verwenden wir Cookies. Durch die Verwendung unserer Webseite erklären Sie sich mit der Verwendung von Cookies einverstanden