Devin Townsend - Empath

devintownsend empathBei DEVIN TOWNSEND weiß man ja grundsätzlich nie, woran man gerade ist. Da ist es eigentlich überraschend, dass es überhaupt noch Leute gibt, die irgendeine musikalische Entwicklung des Kanadiers überraschend finden. Und dennoch scheinen einige von „Empath“ sehr überrascht gewesen zu sein. Im Vorfeld hat man mir geradezu Angst vor dem Album gemacht. Sehr ungewöhnlich sei es. Sehr untypisch. Würde den meisten Fans wohl eher nicht gefallen. Der Metalanteil sei zu gering. Und so weiter. Hm. Naja. Wie gesagt, bei Hevy Devy weiß man ja vorher nie so genau, woran man gerade ist. Und nach den vielen Warnungen ging ich entsprechend vorsichtig an das Album ran.

Und ich muss dann doch mal fragen: Watt habt ihr eigentlich geraucht? Wo ist denn bitte dieses Album in irgendeiner Weise untypisch, ungewöhnlich oder gar schwer verdaulich? Ich finde, „Empath“ ist die logische Fortsetzung des Schaffens DEVIN TOWNSENDS in den letzten Jahren. Ich finde dieses Album absolut nachvollziehbar. Und richtig gut. Ok, Punktabzug müsste es eigentlich dafür geben, dass Devin auf fast allen Promofotos mit Crocs posiert (sogar auf denen, auf denen er selber gar nicht drauf ist). Dafür, dass er die furchtbaren Treter so in Szene setzt. Vielleicht ist das aber auch diese provokative, aggressive Seite des Metal, von der immer alle reden.

Doch zurück zum Album: Ja, es ist sehr, sehr vielfältig. Von sphärischen Klängen über klassischen Chorgesang, jazzige Momente und richtig harten Metal deckt dieses Album das gesamte Schaffen Devins ab – und noch mehr. Aber wenn man halt nicht nur auf Metal steht, dann kann man diesem Album sehr viel abgewinnen. Und man spürt bei jeder Note, wie viel Arbeit in diesem Album steckt. Und wie viele unterschiedliche Charaktere. Denn dieses Album wurde von keiner Band im eigentlichen Sinne eingespielt. Alleine drei verschiedene Drummer sind hier zu hören, durchaus aus mal im gleichen Song. Morgan Ågren spielte die improvisatorischen, ruhigen und die Jazzparts ein, Anup Sastry die Progmetalparts und Samus Paulicelli die harten Metalparts.

Aber auch sonst geben sich hier außergewöhnliche Künstler die Klinke in die Hand. Sei es nun der Elektra Women’s Choir oder Steve Vai an der Gitarre. Auch Anneke van Giersbergen und Chad Kroeger liefern ein wunderbares Duett in „Hear Me“ ab. Und dabei waren nicht mal alle Gäste geplant. Der ein oder andere kam spontan im Studio vorbei, um sich das ganze Mal anzusehen – und schon wurde er ein Teil des Albums. Bei dieser Vielfalt muss natürlich auch ein Hauptaugenmerk auf der Produktion liegen. Nachdem verschiedene Toningenieure durchprobiert waren musste Devin feststellen, dass niemand ein derart komplexes Album so produzieren konnte, wie er es sich wünschte. Also hat er auch das selbst in die Hand genommen. Und diese Liebe zum Detail kann man dem Album anhören.

Aus „Empath“ einzelne Songs hervorzuheben fällt mir sehr schwer. Das Album muss einfach in seiner Gesamtheit, mit all seinen vielen Aspekten genossen werden. Sei es jetzt das chorale, sphärische „Requiem“, das noch nicht einmal drei Minuten dauert oder das monumentale „Singularity“, das weit über 20 Minuten Spielzeit hinauskommt und mehr Abwechslung bietet als ein ganzes Album so manch anderer Band. Und in gewisser Weise ist es auch nochmal eine Zusammenfassung von „Empath“. Insgesamt lebt Devin seine offensichtliche Vorliebe für Chöre und umfangreiche Arrangements immer weiter aus.

Dass die Mischung aus klassischem Chor und Metal funktioniert, das beweist er nicht nur mit „Evermore“. Auch wenn das Stück insgesamt etwas sperrig und experimentell geworden ist, so ist es trotzdem richtig gut. „Sprite“ erinnert mit seinem gesprochenen Intro an JETHRO TULLS „The Story Of The Hare Who Lost His Spectacles“ und hat auch ähnlich wie dieser Song sowohl eine düstere als auch eine verspielte Seite. „Hear Me“ dagegen ist ein richtig harter Metalsong, der dennoch eine sanfte Seite hat.
Das gesamte Album ist – wie eigentlich nicht anders zu erwarten – sehr komplex. Man braucht auf jeden Fall mehrere Durchläufe, um hier alle Details und Feinheiten zu entdecken. Aber nichtsdestotrotz ist es ein großartiges Album geworden, das jedem Fan von Devin Townsend gefallen sollte. Und während wir uns immer tiefer in dieses Album eingraben können, bleibt abzuwarten unter welchem Namen das nächste Album von Devin Townsend veröffentlicht wird. Und wie auch immer das Kind heißen wird – ich glaube schon jetzt, dass ich es in mein Herz schließen kann. (Anne)


Bewertung:

Anne8,0 8 / 10

Anzahl der Songs: 10
Spielzeit: 74:08 min
Label: HevyDevy Records/Inside Out Music/Northern Music
Veröffentlichungstermin: 29.03.2019

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