IQ - Resistance

iq resistanceDen ganz großen Output können die Briten nicht vorweisen und auch auf die neue Scheibe mussten die Fans erneut fünf Jahre warten. Doch in ihrem Genre verfügen lediglich die Branchenführer MARILLION über einen reichen Backkatalog, der Rest der Szene ließ es seit jeher gemütlich angehen. An Material mangelte es IQ bei den Aufnahmen nicht, so dass sie erstmals seit ihrem Klassiker "Subterranea" ein Doppelalbum veröffentlichen. "Resistance" liegt allerdings kein Konzept zugrunde, was man bei dem schlagwortartigen Titel vielleicht annehmen könnte.

Neo Prog stand ja schon immer für eine verträumtere Variante des ohnehin verträumten Progressive Rock, gerade die einschmeichelnderen Melodien erzeugen eine noch größere Entrücktheit. Dabei waren jene auch den klassischen Prog-Fans seit jeher ein Dorn im Auge, weil gerade durch den Erfolg der oben genannten Topband der Vorwurf des Kommerzes laut wurde. Dabei war diese Spielart sicherlich nie darauf aus, und wenn dann scheiterten die Versuche, wovon die Kollege PENDRAGON ein Lied mit "Kow-Tow" singen können. Vielen war das Korsett zu eng, gerade MARILLION waren nach dem Weggang von Fish immer auf der Suche nach neuen Ausdrucksmöglichkeiten, obwohl sie dann am stärksten waren wenn sie sich ihren Ursprüngen näherten. PENDRAGON waren immer bemüht ihren Sound moderner auszurichten, so dass IQ am meisten die klassischen Strukturen bedienten.

Und so ist auch das nunmehr elfte Album voll von musikalischen Anachronismen, doch seien wir ehrlich, genau das lieben wir doch auch. Da treibt der Hörer durch einen Horizont von Mellontron-Wolken, lässt sich von Synthesizer-Flächen tragen und versinkt immer wieder in schönen Gitarrensoli. Gerade Neil Durant hat sich hier als Keyboarder voll etabliert und bestimmt die Marschroute klar mit. Und die Nummern geben vor allem den Instrumentalisten Raum, um sich auszutoben, eine Spielzeit von sieben Minuten, die normal schon als Longtrack durchgeht, ist Standard, dreimal geht es locker über die viertel Stunde.
Dabei will uns der Opener "A Missile" noch weißmachen, dass man PENDRAGON auf dem Weg in die Jetztzeit gefolgt ist, die verhältnismäßig schweren Riffs bringen den Verdacht nahe. In der Tat fällt "Resistance" etwas düsterer aus als der Großteil der Vergangenheit, doch mit "Dark Matter" wurde dieser Weg bereits eingeschlagen. Von der drückenden Atmosphäre her erinnert das sogar ein bisschen an die jüngeren Werke von STEVE HACKETT, wobei es interessant ist, dass man sich nach Jahrzehnten sich in ähnliche Richtung schielt wie eine der wichtigsten Einflüsse.

Allerdings ist trotz diesen Ausflügen mit dem Opener eigentlich das Album schon erzählt, denn im Großen und Ganzen bleiben die Fünf in ihren Koordinaten verhaftet. Wirklich überraschende Momente findet der Hörer kaum, auch wenn man einige Ideen reingepackt hat. So ertönt ein paar Mal ein Glockenspiel, akustische Gitarren kommen vermehrt zum Einsatz und Bassist Tim Esau bringt ein paar schöne Leadmotive ein. Dazu lässt Durant einmal Töne los, die an eine Kirmesorgel erinnern, dann wieder ein paar leicht klassisch geschulte Pianolinien.
Die vorherrschenden Themen der einzelnen Songs werden immer wieder variiert, um ein paar neue Räume zu öffnen, da übernimmt die auf dem Album sehr präsente Orgel öfter eine Melodie, welche zuvor aus den Synthesizern kam. Natürlich tut man gut daran in den ausufernden Kompositionen immer zu den Ursprungsthemen zurück zu kommen, um die Strukturen nachvollziehbarer zu machen, doch ein wenig Experimentiergeist hätte nicht geschadet. Nur ganz selten geht man konzentriert-aggressiv zu Werke, wobei gerade da Schlagzeuger Paul Cook Akzente setzen kann.

Was der Scheibe fehlt sind echte Höhepunkte, sie verharrt nicht nur im angestammten Stil, sondern auch auf einem ewig gleichbleibenden Qualitätslevel. Damit verhält sie sich reziprok zu einer Wagner-Oper, denen gerne wenige geniale Momente und viel Leerlauf dazwischen attestiert werden. Als Gesamtwerk macht das sicherlich einiges her und es gibt keinen Fehler, denn man der Truppe ankreiden kann, hier ist alles schön ausgefeilt, produziert und arrangiert. Die Problematik machen vielleicht die aufeinander folgenden "Alampandria" und "Shallow Bay" deutlich, Ersteres ist wirkt wie ein Intro, zu dem es aber keinen Song im Anschluss gibt. Der kommt mit dem Zweitgenannten, die ersten Gesangslinien von Peter Nicholls fühlen sich aber weniger als Strophe an, eher als ein Interludium nach einem Solo.

Was jetzt nicht heißen soll, dass "Resistance" schlecht wäre, ganz im Gegenteil, das ist durchweg tolle, wunderschön verträumte Musik. Es ist vielleicht am Ende etwas zu lang, doch die schwierige Frage, was man nun heraus nehmen solle, zeigt die Ausgewogenheit, ich denke hier wird jeder seine individuellen Favoriten finden. Gerade traditionelle Neo Prog-Anhänger finden sicherlich eine Menge darauf, speziell wenn die instrumentalen Ausschweifungen dem Himmel entgegen schweben, erinnert man sich der seligen Tage der Rockmusik. Nur fand man das mehr als zufriedenstellende Ergebnis schon oft genug und vor allem besser, zwingender und intensiver, auch von IQ selbst. (Pfälzer)


Bewertung:

Pfaelzer7,5 7,5 / 10


Anzahl der Songs:  7 (CD1) / 4 (CD2)
Spielzeit: 53:12 min (CD1) / 55:47 min (CD2)
Label: Giant Electric Pea/Soulfood
Veröffentlichungstermin: 27.09.2019

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