Lita Ford - Living Like A Runaway

litaford_runawayWas hat mich die Dame 2009 durch ein Wechselbad der Gefühle geschickt! Zuerst war ich glücksselig, dass ich eine meiner Jugendheldinnen auf dem SwedenRock endlich live bewundern konnte und dann haut sie einem ein Machwerk wie "Wicked Wonderland" vor den Latz. Unfassbar schlecht gemachte, fünfzehn Jahre zu spät kommende Elektronikanbiederung, von Fans und Kritik weitestgehend abgestraft. Nun hat LITA FORD bei SPV unterzeichnet, die ja immer schon ein Händchen für klassischen Rock hatten, da darf man schon hoffen, dass sie die Kurve wieder bekommt. Immerhin steht der Name für solche Hairmetal-Großtaten wie "Dancing On The Edge" und "Dangerous Curves". Inhaltlich geht es auf "Living Like A Runaway" um die Rückbesinnung auf ihr Leben, besinnt sie sich auch auf ihre musikalischen Wurzeln zurück?

Dabei dreht es sich bei dem Titel nicht nur um die Texte, die sehr persönlich gehalten sind und für die gebürtige Engländerin eine Art Katharsis darstellen. Er bezieht sich auch auf ihre erste Formation THE RUNAWAYS, eine der ersten All-Girl-Rockbands. In dieser spielte sie unter anderem mit Größen wie JOAN JETT und Michael Steele, die mit den BANGELS zu Weltruhm kam zusammen. Mit ihren Lyrics legt sie schonungslos all ihre Höhen und Tiefen offen, und will damit die Hörer inspirieren ihr Leben in die eigenen Hände zu nehmen.

Und es lässt sich gut an in welche Klänge die Dame ihre Botschaften verpackt, denn "Branded" rockt gleich mal bedingungslos nach vorne. Jetzt darf natürlich nicht erwartet werden, dass hier eine komplette Rolle rückwärts vollzogen wurde, denn das Riff kommt recht modern um die Ecke und führt eher den auf "Black" eingeschlagenen Weg weiter. Aber allemal besser als das was sie zuletzt abgeliefert hat, zumal auch die Produktion wieder Eier zu haben scheint. Klar, könnte die Rhythmusgruppe ein paar Körner mehr vertragen, aber insgesamt drückt das ordentlich.
Da schließt sich "Hate" direkt an, das in den Strophen von einem pumpenden Basslauf geführt wird. Hier gibt es kein Solo, sondern wie in vielen anderen Stücken einen ruhigeren Zwischenpart, der die Songs abwechslungsreicher gestaltet und auch die inzwischen erreichte kompositorische Reife widerspiegelt. Noch ruhiger wird es auf dem Titelstück, das entspannt mit vielen Akustikgitarren sonniges Feeling verbreitet.

Mit einem dezenten Bluesrock-Einschlag kracht dann das swingende "Relentless" dazwischen und zeigt, dass LITA FORD die Leadgitarre sehr wohl beherrscht. Wo es hier eher raucht, kommen bei anderen Soli ihr Feeling deutlich zum Vorschein, was angesichts der Lyrics authentisch wirkt. Oft holt sie bei den Songenden auch noch mal ihre Axt heraus und unterlegt diese mit Leadfills. Das sich im Verlauf dynamisch steigernde "Asylum" basiert gänzlich auf einer tollen Gitarrenmelodie und weiß auch im Gesangsbereich mit ähnlichen Qualitäten zu überzeugen.
"Devil In My Head" stampft zwar eher stoisch nach vorne, dann zündet der Refrain dank der Melodiefülle sofort. Zum Glück vermeidet man es dabei in den Pop-Kitsch, der "Lita" und vor allem "Stiletto" streckenweise zwiespältig machte abzudriften. Stattdessen paart man diese Eingängigkeit im locker rockenden "Love 2 Hate U" mit weiteren Blues-Licks. Richtig toll, weil ebenfalls frei von allzu plakativer Süße fällt die melancholische Ballade "Mother" aus. Hier zeigen sich alle Qualitäten, welche "Living Like A Runaway" ausmachen.

Das ganze könnte so schön sein und als gutes Alterswerk durchgehen, hätte man mit "The Mask" und "A Song To Slit Your Wrists By" zwei Titel drauf gepackt, die man eher auf dem Vorgänger erwartet hätte. Hier bestimmen elektronische Rhythmen das Szenario, zum Glück können die sechs Saiten einigermaßen dagegen halten. Man muss den Liedern zugute halten, dass sie mit dem deutlich stärkeren Soundgewand besser klingen. Doch wenn Blues-Feeling und catchy Melodien immer mal gerne rausgekehrt werden, dann passt das einfach nicht. Und wenn ich dann noch im Plattenfirmeninfo lese, dass ein von Doug Aldrich mitgeschriebener und eingespielter Song nur Bonustrack ist, dann ist das doppelt ärgerlich. Dennoch kann sich die Blondine mit diesem Werk eindeutig rehabilitieren. (Pfälzer)

Bewertung: 7 / 10

Anzahl der Songs: 10
Spielzeit: 41:21 min
Label: Steamhammer/SPV
Veröffentlichungstermin: 15.06.2012

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