Interview mit Udo Dirkschneider und Manuela Bibert (Dirkschneider And The Old Gang)

Wenn mir jemand 1987, als ich mit „Animal House“ das Debüt der damals neugegründeten U.D.O. hörte, gesagt hätte, dass ich 38 Jahre später Udo Dirkschneider bei einem Videochat gegenüber sitzen würde, hätte ich ihn für verrückt erklärt. Udo ist nun einmal im Metal eine absolute Legende. Entsprechend nervös war ich dann auch. Wenn dann noch die Technik nicht so mitspielt, wie man sich das vorstellt, kann es schon kritisch werden. Doch sowohl Udo Dirkschneider als auch Sängerin Manuela „Ella“ Bibert blieben entspannt und irgendwie bekamen wir das Ganze, trotz anfänglichem Chaos, doch noch über die Bühne. Während derm Gespräch unterhielten wir uns über DATOG, DIRKSCHNEIDER und U.D.O. und klärten die Frage, ob Udo Dirkschneider Tango tanzen kann. Seid gespannt!

Manuela: Udo ich sehe dich nicht.

Udo: Du siehst mich nicht?

Manuela: Also ich sehe dich nicht. Ich sehe den Matthias, aber dich nicht.

Udo: Kannst du mich denn sehen, Matthias?

Matthias: Ich kann dich sehen, Udo. Alles gut.

Manuela: Ich weiß ja wie er aussieht. Aber komisch, dass ich dich nicht sehe.

Udo: Ich hab die Kamera ausgeschaltet. Hahaha

Manuela: Ich sehe dich vor meinem geistigen Auge.

Udo: Genau, genau, genau.

Matthias: Wenn ihr soweit seid, sagt einfach Bescheid.

Udo: Du bist sehr weit weg, Matthias.

Matthias: Ich geh mal weiter ran. Hörst du mich?

Udo: Ich hab jetzt Kopfhörer aufgesetzt. Jetzt hör ich dich.

Matthias: So, wie geht’s euch?

Udo: Ja, mir geht’s gut.

Manuela: Sehr gut.

Matthias: Ihr habt ja im Sommer 2020, also noch während Corona, mit DIRKSCHNEIDER AND THE OLD GANG begonnen. Von wem kam die ursprüngliche Idee und hättet ihr gedacht, dass sich das Ganze so entwickelt?

Udo: Hach. Das war ja, als wir die EP gemacht haben, und die ganzen Gelder, die damit verdient wurden, wurden verteilt an Leute, die uns sehr nahestanden und immer noch stehen.

Manuela: Die wurden gespendet.

Udo: Genau

Manuela: Und alles, was danach passiert ist, hat sich quasi entwickelt. Also, im Grunde hatte keiner die Idee ein Album zu machen. Das war dann so, dass das den Leuten so gut gefallen hat, dass die Leute dann nach dem Album gefragt haben. Und so hat dann eins zum anderen geführt.

Udo: Das hat ja auch ein bisschen gedauert, sag ich mal. Bis dann auch genügend Material da war. Also, das ist ja nicht über Nacht entstanden. Man hat dann auch zwischendurch dran gearbeitet und ich glaube, da ist dann auch was ganz Schönes bei rumgekommen.

Matthias: Udo, du kennst Stefan, Peter und Mathias ja schon sehr, sehr lange. War denn von Anfang an klar, dass du sie dabei haben willst?

Udo: Ja, der Mathias war ja damals bei der EP schon dabei. Da ist nie der Kontakt abgebrochen. Man hat sich immer mal irgendwo gesehen. Er hat zu meinem sechzigsten Geburtstag mit mir in Wacken gespielt. Wir hatten also immer Kontakt und es war dann auch klar, dass er derjenige sein wird, der da mit Sicherheit Gitarre spielen wird.

Matthias: Ihr habt ja bereits 2019 mit U.D.O. das „We Are One“-Album aufgenommen. Manuela, wie kamst du denn zu der ganzen Geschichte?

Manuela: Ich war ja zu diesem Zeitpunkt mit dem Musikkorps der Bundeswehr schon auf Tour gewesen. Ein Jahr lang. Und dann haben wir das „We Are One“-Album aufgenommen. Gemeinsam mit U.D.O. Und dann sollte ein Solo-Spot auf diesem Album vergeben werden. „Blindfold“. Dafür durfte ich dann vorsingen und dann habe ich den Solo-Spot gekriegt. So hat dann eins zum anderen geführt.

Matthias: Eigentlich das Klassische Casting, ne?

Udo: Ja, das kann man so nennen. Hahaha

Manuela: Ganz genau so. Es war praktisch eine glückliche Fügung.

Matthias: Ihr habt ja bei DATOG 3 Sänger. Wie entscheidet ihr denn genau wer was singt? Oder geschieht das eher spontan?

Udo: Dazu muss man sagen, da war eigentlich Stefan Kaufmann federführend. Er kennt logischerweise Peter Baltes etwas länger als ich und da war natürlich schon klar was, wie und wo. Manuela hat er auch gut kennengelernt und er wusste dann, glaube ich, schon im Kopf wer wann, was, wie, wo singt. Er hat da schon den richtigen Riecher gehabt. Da passt eigentlich alles zusammen.

Matthias: Ich bin der Meinung, dass „Babylon“, ich durfte das Album ja schon hören, schon anders klingt als DIRKSCHNEIDER oder U.D.O. Habt ihr das mit Absicht so gehalten oder ist das eher zufällig entstanden? Weil, wie gesagt, die Musik klingt schon ein wenig anders. Auch dein Gesang, Udo.

Udo: Ich sag mal so. Bei U.D.O. muss ich immer so ein bisschen aufpassen, dass es nicht irgendwohin abdriftet. Bei DATOG war es jetzt halt so, dass da freie Bahn war. Man konnte machen, was man wollte. War für mich persönlich auch eine gute Geschichte. Ich konnte auch mit der Stimme experimentieren. Da sind dann natürlich auch Sachen dabei rausgekommen, wo ich dachte: „Aha, kannst du machen. Geht auch.“ Das kann ich dann natürlich auch für U.D.O. gebrauchen, ja. Ich hab dann auch probiert, wie weit ich mit meiner Stimme komme, und da sind gute Sachen dabei rausgekommen.

Matthias: Es ist jetzt aber nicht so, dass ihr euch vorher schon überlegt für welche Band könnte das jetzt geeignet sein, wenn ihr einen Song schreibt, oder?

Manuela: Es ist natürlich so, dass bei DATOG noch einmal eine andere Besetzung dabei ist, als bei DIRKSCHNEIDER oder U.D.O. Auch mit anderen Ideen. Bei DATOG waren wir natürlich freier in der Gestaltung der Songs, weil es keine Erwartungshaltung gab. Deswegen klingt das halt auch anders, weil man sich etwas freier entfalten konnte in der Musik.

Udo: Man kann das, glaub ich, auch so beschreiben: Wir haben einfach Spaß gehabt, und gesehen was so passiert. Da war kein Druck da. Einfach machen und Spaß haben.

Matthias: Udo, du stehst jetzt schon sehr lange auf der Bühne. Was ist denn das Verrückteste was dir in deiner Karriere passiert ist?

Udo: Da gibt es so einige Sachen.

Manuela: Hahaha

Udo: Ich erinnere mich noch gut an diese Geschichte 1986 im Hammersmith Odeon in London. Die komplette Weltpresse da, ganz wichtiger Auftritt, und da fiel die Anlage aus. Komplett. Das ist so das Schlimmste was dir passieren kann. Aber ich hab dann einfach angefangen „Ohhohoho“ zu singen. Das hat dann auch funktioniert. Das kam einem natürlich wahnsinnig lange vor. Aber das waren gerade mal 30 oder 45 Sekunden: Das war so nach dem Motto: „Um Gottes Willen. Was mach ich jetzt?“

Manuela: Boah. Gut gerettet.

Udo: Das ist wirklich der Alptraum.

Matthias: Meine Lieblingssongs auf „Babylon“ sind „It Takes Two To Tango“ und „Deadman’s Hand“. Könnt ihr mir denn mehr zu diesen Songs sagen?

Udo: Das kann man auch wiederum so nicht sagen. Denn wir waren nie zusammen im Studio. Weil ich war beschäftigt, Manuela war beschäftigt. Und wenn ich beschäftigt bin, sind auch Peter und mein Sohn beschäftigt. Dann hast du Mathias als Rechtsanwalt. Also, es war alles nicht so, dass wir dann zusammen im Studio waren, sondern das war eher so, dass Stefan sagte: „Komm mal vorbei, lass uns mal die und die Nummer ausprobieren“ oder ich kriegte dann irgendwie ein Playback, dann hab ich mir das angehört, bin ins Studio, dann haben wir erstmal ein Demo gemacht, um zu sehen, ob das auch zusammenpasst. Also, so ist die ganze Sache dann, zumindest für mich, abgelaufen. Das war bei dir wahrscheinlich nicht anders, Manuela.

Matthias: Ich wollte mal fragen, ob Udo denn tatsächlich Tango tanzen kann.

Udo: Du wirst lachen. Ich war in der Tanzschule. Also kann ich es. Die Schritte weiß ich nicht mehr alle, aber ich weiß schon noch so ungefähr wie Tango geht.

Manuela: Das können wir beim nächsten Album ausprobieren.

Matthias: Das will ich sehen. Hahaha

Udo: Und Foxtrott kann ich auch noch.

Manuela: Bei uns ist das so, dass jeder Ideen einbringt und die Songs aus vielen Ideen von uns entstanden sind. Der Songwritingprozess war quasi, dass einer mit einem Start kam und dann wurde dieser Start halt weitergesponnen. Im Grunde wurde jeder Song von Jedem mitgeschrieben.

Udo: Der Eine war natürlich an einem Song mehr beteiligt als an einem anderen, aber im Grunde ist das Album schon gemeinschaftlich entstanden. Alles wunderbar.

Matthias: Udo, du hast ja mit DIRKSCHNEIDER das komplette „Balls To The Wall“-Album neu aufgenommen. Beim Original war damals auch Hermann Frank dabei. Habt ihr noch Kontakt?

Udo: Ich hab zu Hermann Frank Kontakt, aber bei der Neueinspielung war er nicht dabei. Bei der Originalaufnahme hat er genau ein Solo bei „Losers And Winners“ gespielt. Ansonsten hat die ganzen Gitarren Wolf Hoffmann eingespielt, aber da möchte ich jetzt nicht näher drauf eingehen.

Matthias: Als du damals angefangen hast, war dir da von Anfang an klar, dass du das dein ganzes Leben machen willst, oder wolltest du vielleicht mal etwas anderes machen oder lernen in deinem Leben?

Udo: Normalerweise hätte ich die Firma meiner Eltern übernehmen sollen. Werkzeuge. Die werden immer noch hergestellt. Das macht jetzt mein Bruder. Mit 14 habe ich meine erste Orgel gekriegt und der Michael Wagener und ich haben dann angefangen zusammen Musik zu machen. Da kam dann noch irgendwann Gerhard Wahl dazu. Es war immer der Drang da irgendwie mehr zu machen und irgendwann musste ich mich dann entscheiden, das muss so 1979 gewesen sein, zu sagen: „Ich mache jetzt Vollprofi oder ich mach es weiter hobbymäßig und übernehme die Firma meiner Eltern“. Ich habe mich dann für den Wahnsinn entschieden und der Wahnsinn geht jetzt schon viele Jahre.

Matthias: Macht den dein Bruder Peter noch Musik? Der hatte ja früher auch eine Band.

Udo: Ja, der hatte. Aber der macht schon lange nichts mehr.

Matthias: Du bist jetzt 73. Hast du denn je dran gedacht deine Autobiografie zu schreiben, oder sagst du das ist dir noch zu früh?

Udo: Ich bin gerade dabei. Es geht eigentlich nur noch um einige Kleinigkeiten beim Vertrag und dann geht es los mit meinem Buch. Und das wird, glaube ich, sehr interessant werden.

Matthias: Das denke ich auch. Das werde ich mir auf jeden Fall besorgen.

Udo: Das wird sehr interessant. Hahaha

Matthias: Habt ihr denn schon eine Tour mit DATOG geplant?

Udo: Da fragt uns jeder nach. Wir sind immer noch mit DIRKSCHNEIDER zu 40 Jahren „Balls…“ unterwegs. Bis nächstes Jahr im September. Und dann wird wahrscheinlich noch viel Promo-Arbeit auf uns zukommen, denn dann kommt das nächste U.D.O.-Album. Da arbeiten wir auch gerade dran.

Matthias: Schläfst du auch mal?

Udo: Im Augenblick hab ich Pause. Es war ein heftiger Festivalsommer. Und die nächste Tour mit U.D.O., das weiß ich jetzt schon, geht wahrscheinlich bis 2028. Ja, du, mir macht die ganze Sache Spaß. Mich fragen auch immer Leute „Hast du denn schon mal dran gedacht in Rente zu gehen oder aufzuhören?“ Das wüsste ich auch nicht. Es ist ja nicht so, dass wenn ich jetzt aufhören würde, ich nichts mit mir anzufangen wüsste, dafür habe ich zu viele andere Interessen. Aber warum sollte ich aufhören? Es macht mir Spaß, es funktioniert alles, wir können weltweit touren.

Matthias: Dein Sohn ist ja gleichzeitig auch dein Drummer. Wenn ihr zusammen im Studio oder auf Tour seid, bist du dann eher der Bandkumpel oder bist du gleichzeitig noch der Vater, oder wie funktioniert das?

Udo: Da ist man eher der Kumpel. Vater ist eine andere Geschichte. Das ist, wenn wir privat im Familienkreis sind. Da bin ich halt der Papa oder auch der Großvater mittlerweile. Das ist aber eine ganz andere Geschichte. Der Sven ist mittlerweile eine ganz wichtige Person geworden. Er ist mittlerweile auch 10 Jahre in der Band. Der macht unheimlich viele Sachen. Der kümmert sich um Produktionsgeschichten, was Touren angeht etc. Er sagt immer: „Papa, du musst singen und ich mach den Rest.“ Gut erzogen. Haha

Matthias: Möchtet ihr euren Fans noch etwas sagen?

Manuela: Kauft das Album! Hahaha

Matthias: Das war jetzt klar. Hahaha

Udo: Wir haben bis jetzt jeden Monat ein Video zu einem anderen Song des Albums raugebracht. Die Reaktionen sind bisher verdammt gut. Ich glaube das Album wird auch gut ankommen. Wer sich bisher nicht damit beschäftigt hat, sollte es kaufen. Es macht bestimmt Spaß.

Matthias: Es macht auf jeden Fall Spaß, das Album zu hören.

Manuela: So soll das sein.

Udo: Es ist sehr abwechslungsreich und ich glaube es ist für jeden Geschmack etwas dabei.

Matthias: Wenn ich mal drüber nachdenke, Udo. Das Erste, was ich je von dir gehört habe, das war 1987 die „Animal House“. Irgendwo habe ich auch noch die „Timebomb“ und die „Faceless World“ auf Vinyl.

Udo: „Faceless World“ war auch ein sehr interessantes Album. Obwohl die Leute am Anfang gesagt haben: „Was macht er denn jetzt? Jetzt benutzt er noch Keyboards und dann noch ganz viele Harmoniegesänge etc.“ Mittlerweile ist das Album ein Klassiker geworden. Und mit Alben, die du rausbringst wirst du nie alle Leute befriedigen können. Jeder hat immer irgendwas zu meckern. Und wenn jetzt ein neues Album rauskommt heißt es „Macht doch mal ein Album wie „Animal House“ oder „Timebomb“ oder „Faceless World“. Da sag ich immer: „Haben wir doch gemacht. Warum sollen wir das wiederholen?“ Wir versuchen immer irgendwie kreativ zu bleiben. Neues kannst du nichtmehr erfinden. Aber es gibt immer wieder interessante Geschichten, mit denen man arbeiten kann. Ich hab junge Leute um mich rum, und die kommen aus einer ganz anderen Generation, und die haben auch ganz andere Ideen. Das merk ich jetzt gerade bei dem neuen U.D.O.-Album. Das wird sehr, das wird sehr interessant. Und ja, du. Das ist hervorragend. Immer kreativ bleiben.

Matthias: Ich freue mich auf jeden Fall auf die Sachen, die da noch kommen. Wir sehen uns auf jeden Fall am 13.01.2026 in Hannover, wenn du mit DIRKSCHNEIDER dort spielst.

Udo: Sehr gut. Solltest du dir angucken.

Matthias: Danke euch beiden. Ich wünsch euch was.

Manuela und Udo: Danke, Alles Gute.

Matthias: Danke. Euch auch. Bis bald.

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