Ganze fünf lange Jahre sind ins Land gezogen, als ich zuletzt die Möglichkeit hatte, die Dänen D-A-D live zu erleben. Ebenfalls in einem Dezember hatten wir damals noch ein sehr unterhaltsames Gespräch mit Jesper und Laust. Dieses Jahr feiert die Band 40 Jahre und kommt mit ihrer Tournee auch in die halle02 nach Heidelberg. Höchste Zeit also, zusammen mit D-A-D vierzig Jahre zu feiern!
THE HOT DAMN!
Bei den Bühnenaufbauten von THE HOT DAMN! Weiß man zunächst nicht so recht, was man davon halten soll. Prominent steht ein riesiges aufblasbares Einhorn hinter dem Drumkit und man fühlt sich etwas an Auftritte von ALESTORM mit ihre riesigen Badeente erinnert. Das macht schon etwas Angst. Glücklicherweise stellt sich aber später heraus, dass die Britinnen dann doch deutlich ernsthafter zu Werke gehen. Schlagzeugerin Josie O'Toole bekommt am Ende nochmal extra Applaus, als sie das Riesending hoch über ihrem Kopf von der Bühne trägt. THE HOT DAMN! sind von Anfang an umwerfend, und das im wahrsten Sinne des Wortes, denn Gitarristin Laurie Buchanan stolpert beim Betreten der Bühne und legt sich der Länge nach hin. Glücklicherweise ist jedoch weder ihr noch ihrem Instrument etwas passiert und sie rettet die Situation souverän, was ihr spontanen Jubel einbringt - und die meisten sind wahrscheinlich froh, dass nichts passiert ist. THE HOT DAMN! sind eine junge Band, die erst vor wenigen Jahren gegründet wurde und aus THE AMORETTES und TEQUILA MOCKINGBYRD hervorging. Ein Album hat die Band bisher nicht veröffentlicht, dafür aber schon einige Singles. Und dass genügend Material vorhanden ist, das beweisen sie mit diesem Auftritt. THE HOT DAMN! spielen gefälligen Rock, nicht zu soft und nicht zu übertrieben und es macht Spaß der Band zuzusehen. (Anne)
Da kann ich mich Anne nur anschließen, da ich aufgrund des Interview mit Jacob erst später dazu stoße, verpasse ich leider den größten Teil des Konzertes der Damen. Dabei hinterliesen sie dennoch einen sehr positiven Eindruck und auch auf die letzten paar Meter, die ich noch miterlebte, war eines sehr deutlich. Den Spaß, den die Band auf der Bühne hat, kann sie 1:1 auf das Publikum übertragen. Und wo sonst, wenn nicht im Vorprogramm bei D-A-D ist das perfekt? (Pascal)
Setlist THE HOT DAMN!:
Fizz Buzz Crash
Dance Around
About Last Night
Jukebox On The Radio
Loud And Clear
Live Laugh Love
Melch Song
Going Down
I Don't Like You Anyway
D-A-D
Nachdem THE HOT DAMN der Menge schon gut eingeheizt hat, ist für den Auftakt der Dänen die Halle prall gefüllt. Um 20:20 Uhr ertönt das Intro aus den Boxen und das Publikum sabbert regelrecht vor Erwartung. Der Start mit “Jihad” ist ein Erfolg auf ganzer Linie und passt perfekt als Opener. Für die Stimmung gibt es bereits ab diesem Zeitpunkt nur noch eine Richtung, steil nach oben.
Die Band legt hart mit “Evil Twin” vom unterschätzten “Everything Glows”-Album nach und das Publikum dankt, singt mit und mir wird sofort klar, dass ich hier einen besonderen Abend erleben werde. Die Band ist super gelaunt, und auch wenn es offensichtlich keine so große Bühne und Produktion ist, wie sie in Dänemark zu sehen war, hat die intime Atmosphäre etwas für sich. Wie mir Jacob bereits im Vorfeld erklärt, versuchen Sie auf Ihren Tourneen immer so viel Gadgets und Showelemente wie möglich mitzubringen, aber hier wird es heute die “kleine” Show zu sehen geben. Womit er sich keineswegs auf die Länge des Konzerts bezog, was nach diesem Abend einmal mehr klar wird.
Stattdessen präsentieren sich D-A-D roh und gänzlich in ihrem Element, lassen die alten und auch neuen Zeiten aufleben. In der ersten Ansage des Abends nach “Evil Twin” macht Jesper sympathisch und auf seine unvergleichliche Art deutlich: “Wir heute haben dabei viele alte Hits, aber auch ein neues Album, aber auch alte Hits. Dänen lügen nie” und setzt anschließend in “1st, 2nd & 3rd” ein vom aktuellen Knaller “Speed Of Darkness”. Die Nummer knallt live ordentlich und macht richtig Laune, was auch im Publikum zu spüren ist. Gerade die Stelle “Free, Free, Set You Free", die sich zum Mitsingen perfekt anbietet, wird genutzt. Darüber hinaus hat Stig zum ersten Mal für den Abend den berühmten Roten-Baron-Bass in den Händen, und wie immer gibt er mächtig Gas.
Das grandiose “Rim Of Hell” trifft mich anschließend unerwartet, dabei hätte ich es wissen müssen. Die Nummer darf einfach nicht fehlen und hat live an diesem Abend einen unfassbaren Groove, inklusive einem etwas längeren Solo von Jacob - “They throw the best damn parties at the rim of hell!”. Und wie Jesper schon sagte, die Dänen lügen nicht und so wundert es nicht, dass mit “Point Of View” gleich der nächste Hit von “No Fuel Left For The Pilgrims” folgt. Auch der Song trifft ins Schwarze, wird lauthals mitgesungen und man sieht allen Beteiligten den Spaß in den Augen an.
Mit Geister-Geräuschen in bester Disney-Tradition leitet Jesper anschließend perfekt zu “The Ghost” vom aktuellen Album über. Die Halbballade entfaltet live ihr ganzes Potenzial und zeigt einen wahnsinnigen Ohrwurmcharakter. Passenderweise folgt mit “Grow Or Pay” ein weiterer Song, der sich perfekt hinter “The Ghost” einreiht. Die Nummer wird für mich immer das gewisse Etwas versprühen, sowohl textlich als auch musikalisch. Eine unfassbar starke Nummer, von der ich an so vielen Stellen emotional abgeholt werde, danke D-A-D. Der Song endet in einem fulminanten Solo von Jacob, der einem Fan in der ersten Reihe anschließend das Plek übergibt.
Generell sucht die Band durchgehend den Kontakt zum Publikum, ob es nun durch die coolen Ansagen von Jesper oder der reine Augenkontakt geht. Die Interaktion ist da und so wie die Band das Publikum anfeuert, feuert das Publikum die Band an. Dadurch kocht die Stimmung immer weiter hoch und es fühlt sich mehr und mehr so an, als würden wir alle selbst am “Rim Of Hell” feiern, denn dort sind ja die besten Partys, wie die Dänen zuvor erzählten - und Dänen lügen nie.
Nun blicken wir ganz weit zurück in der Karriere von D-A-D und Stig leitet mit “Jonnie” die von ihm gesanglich getragene Nummer ein. Dabei kündigt er die Nummer mit den Worten "This is how we sounded back in the days” und das trifft es perfekt. Dabei gelingt es der gesamten Band das Feeling und den Humor von damals noch einmal auf die Bühne zu bringen, oder wie man auf Deutsch sagen könnte, sie machen Faxen. Und die setzen sie mit “Riding With Sue” gleich fort. Es gibt kaum musikalischen Humor, der mir mehr Spaß bereitet als der von D-A-D. Wenn Stig simuliert, wie Sue für Stunden am Fallen ist, muss ich jedes Mal so hart lachen. Genau das ist es auch, was D-A-D für mich immer noch ausmacht. Natürlich ist die Band, wie Jesper selbst auch immer wieder betont, über die Jahre ernster geworden, was sich besonders in den Texten auf dem aktuellen Album zeigt. Aber noch immer haben sie diesen fast schon kindlichen Humor, der uns daran erinnert, dass es das Gute in der Welt gibt und dass man nie das Lachen vergessen sollte. Schlussendlich macht es uns lebendig und wie beschissen eine Situation auch sein mag, Humor hilft schlussendlich immer irgendwie. Für “Riding With Sue” verwendet Stig zudem stilecht den ganz alten D-A-D Bass mit dem Skull-Logo, bei dem die Augen leuchten - einfach nur cool.
Weiter geht es mit Material vom neuen Album, der Titeltrack fetzt ordentlich und “Keep That Mother Down” entwickelt sich zu einem richtigen Live-Kracher, der lauthals mitgesungen wird. Eine bockstarke Nummer, die bei mir in der Studiofassung gar nicht so stark in den Fokus rückte. Mit “Reconstrucdead” schielt die Band Richtung Moderne und das “Helpyourselfish”-Album, auch diese Nummer hat für mich persönlich noch immer einen ganz eigenen Charme und zeigt D-A-D von einer Seite, die man sonst so nicht unbedingt kennt oder vermuten würde. Völlig zu Unrecht wird das Album von 1995 immer ein wenig im Abseits geparkt. Als kleines Zwischenspiel baut die Band einen Mitsingpart mit dem Publikum ein und spielt das Riff anschließend in bahnbrechender Geschwindigkeit, bevor der Song zum Abschluss kommt.
Nicht im Abseits steht an diesem Abend “Everything Glows”, die Nummer hält sich wacker im Liveset und wird freudig von Jesper und Laust für ihre abendliche Show-Einlage genutzt, die mir einfach nie zu viel wird. Ich könnte den beiden im Grunde stundenlang bei ihren Faxen zuschauen. Zum Tanzen lädt die Band anschließend mit dem Monster-Groover “Monster Philosophy" ein, der ebenfalls nie langweilig wird und weiter zur guten Stimmung beiträgt. Schaut man sich im Publikum an, sieht man eigentlich durch die Bank zufriedene und teils ergreifende Gesichter. Die Band ist seit gut 40 Jahren dabei und liefert den Fans noch immer aktuelles Material. Es schmerzt fast schon, dass sich das Konzert langsam auf die Zielgerade zubewegt. So viele Songs, die noch gespielt werden könnten, die aber einfach an einem Abend nicht zu spielen sind. Doch das sollte keineswegs das Motto des Abends sein und es hilft nichts darüber nachzudenken, was sein könnte, wenn man im Hier und Jetzt erleben kann, was alles ist. Und was alles ist, zeigt sich imposant in “Bad Craziness", der als Abschluss des regulären Sets dient und von mir immer und immer wieder zitiert wird, da es den Alltag eigentlich nur allzu gut beschreibt. Die Bühne wird abgedunkelt und die Herren verlassen kurz die Manege, aber es ist absolut klar, dass hier noch nicht Schluss ist.
Mit einem wunderbaren Blues-Intro kommen sie kurz darauf für “God Prays To Man” zurück und läuten das Finale ein. Auch diese Nummer kommt gut an und hätte ich so im Zugabenblock nicht wirklich erwartet. Aber die Band hat ein starkes Album in der Hinterhand, warum also die Songs nicht entsprechend passend im Set positionieren?
Einen weiteren Höhepunkt des Abends stellt anschließend der Überhit “Sleeping My Day Away” dar. Jesper erklärt, dass der Song für die Arbeitslosen ist, denn nur die müssen morgen nicht früh aufstehen, es sei ja immerhin Sonntag. Das Publikum kennt jetzt kein Halten mehr und singt derart laut mit, dass Jesper zum Teil das Mikro nur ins Publikum hält. Ein perfekter Abschluss eines großartigen Abends. Nein, eben nicht, denn wir sind noch nicht am Ende. Die Gebrüder Binzer kehren mit ihren Akustikgitarren noch einmal zurück für eine famose Version von “Laugh 'n' a ½", die extrem gelungen klingt und erneut die Leute zum Mitsingen bringt. Standesgemäß werden wir alle anschließend mit dem gewohnt finalen Song eines jeden D-A-D Sets in die kalte Nacht entlassen - “Coz it's after dark now and Disneyland is closed”.
Was für ein Abend, was für ein grandioses Konzert und was für wahnsinnige Hits aus 40 Jahren Bandgeschichte. Natürlich hätte ich mir noch 1-2 Songs von den starken Alben “Prayer For The Loud” und “Dic.Nii.lan.daft.erd.ark” gewünscht, aber der Setlist-Mammutaufgabe möchte ich mich nicht stellen müssen und D-A-D haben famos abgeliefert.
Hier geht gewiss kein Fan mit einem schlechten Gefühl nach Hause. D-A-D machen einfach durch und durch Spaß. Was bleibt, ist die Hoffnung, dass es die Herren bald wieder zurück nach Deutschland schaffen werden und wir noch lange gemeinsam weiterfeiern können, denn auch wenn es dunkel ist, ist Disneyland noch lange nicht geschlossen. (Pascal)
Setlist D-A-D:
Jihad
Evil Twin
1st, 2nd & 3rd
Rim of Hell
Point of View
The Ghost
Grow or Pay
Jonnie
Riding With Sue
Speed of Darkness
Keep That Mother Down
Reconstrucdead
Everything Glows
Monster Philosophy
Bad Craziness
God Prays To Man
Sleeping My Day Away
Laugh 'n' a ½
It's After Dark
(Fotos: Anne)
D-A-D. The Hot Damn! (Fotos: Anne)


























