Saltatio Mortis - Finsterwacht

Die Entwicklung, die SALTATIO MORTIS seit ihrer Gründung auf der Ronneburg im Jahr 2000 hingelegt haben, ist mehr als beachtlich. In vierundzwanzig Jahren hat man es von der reinen Straßenmusikband, die in Fußgängerzonen und auf Mittelaltermärkten spielte, auf die großen Bühnen dieser Republik geschafft. Seit „Das Schwarze 1x1“ (2013) schoss jedes Album der Karlsruher sofort auf die Spitzenposition der deutschen Albumcharts. Dies gilt auch für das am 07.06. erschienene neue Album „Finsterwacht“, welches das fünfte Nummer 1 Album der Band in Folge ist.

Doch der Erfolg hat auch Schattenseiten. So sind Jörg Roth alias Alea der Bescheidene und Gunter Kopf alias Falk Immenfried von Hasen-Mümmelstein die einzigen verbliebenen Originalmitglieder der „Totentänzer“. Weiterhin hagelte es in den letzten Jahren - nicht immer ganz unbegründet - vermehrt Kritik aufgrund der musikalischen Ausrichtung der Gruppe. Auch weil man sich zusehends an der modernen Rockmusik orientierte und vor allem auf dem letzten Album „Für Immer Frei“ (2020) wie DIE TOTEN HOSEN mit Dudelsack klang. Eine Entwicklung, die selbst ich, der die Entwicklung der Nordbadener seit „Das Zweite Gesicht“ (2002) verfolgt, nicht mehr so ganz nachvollziehen konnte. Meiner Meinung liegen die Stärken der Spielleute nämlich ganz woanders.

Als dann das auch schon dreizehnte Album aus dem Hause SALTATIO MORTIS angekündigt wurde, war ich mehr als gespannt was da auf uns zukam. Umso mehr, da ich die Band bei ihrem letztjährigen Überraschungskonzert am Hannoveraner Kröpcke persönlich treffen konnte und dabei feststellen konnte, dass Alea und Co. trotz des Erfolgs wohltuend bodenständig und normal geblieben sind. Schon lange vorab stellten SALTATIO MORTIS klar, dass es sich bei „Finsterwacht“ um mehr als nur ein Album handeln sollte. Wobei man sagen muss, dass ein Album zunächst gar nicht geplant war, die ganze Angelegenheit jedoch letztendlich so groß wurde, dass der Gang ins Studio nicht mehr zu vermeiden war.

Hinter „Finsterwacht“ steckt ein, in meinen Augen, hochinteressantes Gesamtkonzept. Das Ganze spielt im Kosmos des Pen and Paper Klassikers „Das Schwarze Auge“ und ist in der fiktiven Welt Aventurien angesiedelt. Eine Idee, welche ohne die bisherigen Erfolge so wohl nicht umsetzbar gewesen wäre. Trotzdem sind nicht wenige Fans mit der Veröffentlichungspolitik der Band unzufrieden. So gibt es „Finsterwacht“ nur auf digitalem Weg oder als Box zu kaufen. Bedenkt man, dass die Box fast siebzig Euro kostet, wird schnell klar, dass dieser Umstand nicht wenige Fans extrem verärgert.

Ich möchte mich hier ganz klar auf keine Seite stellen, man muss aber sagen, dass SALTATIO MORTIS immer wieder klar gesagt haben, dass „Finsterwacht“ eben mehr ist als nur das reine Album. Insgesamt besteht das Konzept nun einmal aus dem Album, dem in der Box enthaltenen Buch „Die Feuer Der Finsterwacht“, welches von Bernhard Hennen und Torsten Weitze verfasst wurde, und dem Rollenspiel „Der letzte Sieg der Schwänin“.

Wenn ich jedoch sehe, dass zum Beispiel Thalia stolze 77,99 € für die Box verlangt, könnte ich vor Fassungslosigkeit ob so viel Dreistigkeit echt platzen. Doch wir sind hier immer noch beim Neckbreaker, also konzentrieren wir uns auf die Musik! Wie gesagt, hätten SALTATIO MORTIS „Finsterwacht“ ohne ihren bisherigen Erfolg wohl eher nicht umsetzen können. Die Prager Symphoniker bekommt man wohl kaum für ein Butterbrot.

Diese hört man dann auch bereits beim eröffnenden Titelsong.

„Dunkelheit lastet schwer auf dem Land
Die drohenden Gipfel der Berge ragen unheilverkündend in den Himmel
Nach all den Jahren ist es wieder da, dieses unheimliche Flüstern in der Nacht
Was verbirgt sich dort in den finstern'n Wäldern?

Ein Sturm zieht auf, es wird kalt am Finsterkamm
Doch es gibt Hoffnung
Denn inmitten all dieser Düsternis steh'n die Hüter der Wache hoch oben auf den Türmen
Tag für Tag, Nacht für Nacht

Bereit unsere Familien und unser Land mit ihrem Leben zu verteidigen
Wenn sie ihre Feuer entzünden, dann Gnade uns die Göttin
Es sind die Feuer der Angst, die dort brennen
Möge der Heldenmut der Wache heller leuchten als das Licht der Flammen
Denn sie sind unsere letzte Bastion vor dem, was dort im Schatten auf uns lauert
Und unsere einzige Hoffnung dort auf der Finsterwacht“.

Mit diesem gesprochenen Intro entführen uns SALTATIO MORTIS in eine andere Welt und genauso episch wie das Intro ist der komplette Song. Hier werden mit Chor, Prager Symphonieorchester und Hansi Kürsch (BLIND GUARDIAN), der hier zum ersten Mal überhaupt auf Deutsch singt, die richtig schweren Geschütze aufgefahren. Den Refrain bekommt man so schnell nicht mehr aus dem Kopf. Ein echt gelungener Start.

Mit „Schwarzer Strand“ folgt dann die Kooperation mit FAUN. Der Song ist deutlich ruhiger ausgefallen, gefällt mir aber aufgrund der lyrischen Aussage ausgesprochen gut.

„Vogelfrei“ ist eine typische SALTATIO MORTIS-Nummer bei der die Dudelsäcke dominieren. Danach folgt mit „Der Himmel muss warten“, welches recht spärlich instrumentiert ist, die beeindruckendste Nummer der Scheibe. „Aurelia“ kann man schlüpfrig finden, muss man aber nicht. Ich finde es eher ziemlich lustig. „We Might Be Giants“ fährt dann Cristina Scabbia (LACUNA COIL) und Peyton Parrish als Verstärkung auf. Leider ist Scabbia hier jedoch so gut wie nicht zu hören. Da gefällt mir „Feuer Und Erz“ deutlich besser. Vor dem geistigen Auge sieht man hier fast die Zwerge in der Dunkelheit unter irgendeinem Berg schuften. Mein klarer Favorit auf „Finsterwacht“.

Das abschließende „Oh Treues Herz“ stammt noch aus der Feder von Timo Gleichmann alias Lasterbalk der Lästerliche, der leider 2021 aus der Band ausgeschieden ist. Dieser hat sich hier jedoch ein wenig zu offensichtlich bei dem Klassiker „Danny Boy“ bedient. Auffällig ist, dass SALTATIO MORTIS sich bei „Finsterwacht“ wieder deutlich mehr auf ihre Wurzeln besinnen jedoch auch um einiges epischer unterwegs sind als auf ihren bisherigen Werken. Ich vergebe die Höchstnote grundsätzlich nur, wenn mich ein Album selbst nach zig Hördurchgängen noch überzeugen kann. Das ist bei „Finsterwacht“ ganz klar der Fall. (Matthias)

Bewertung:

Matthias9,5 10 / 10

Anzahl der Songs: 11
Spielzeit: 43:43 min
Label: Prometheus Records
Veröffentlichungstermin: 07.06.2024

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