Slash-Live At The S.E.R.P.E.N.T. Festival

Muss man die Reliquien des Blues/Bluesrocks in alternativer Coverversion hören oder greift man zum Original? Die Frage kann man im Falle von Saul Hudson, alias SLASH, definitiv mit einem ja beantworten, denn der Leadgitarrist von GUNS`N ROSES ist einfach wesentlich mehr als ein Bandmitglied von Axl Rose. Auf der letzten Tour hat mir der Mann mit dem Zylinder fast leidgetan, der so ziemlich alles versucht hat, um die mangelnde Stimmqualität seines Frontmanns auszugleichen.

Richtig austoben kann sich SLASH eher in seinen unzähligen Nebenprojekten, in denen er sein Alleinstellungsmerkmal als erstklassiger Rock-und Bluesgitarrist unter Beweis stellen kann und er sowohl mit harten Riffs oder Jam-artigem filigranem Solospiel zu einem exzeptionellen Gitarristen avanciert.

Nun erscheint seine neuste Platte, „Live At The S.E.R.P.E.N.T. Festival"“, nach der letztjährigen Blues-Cover-Scheibe "Orgy Of The Damned". SLASH propagiert hier ein wenig Weltfrieden, denn S.E.R.P.E.N.T. steht für Solidarity, Engagement, Restore, Peace, Equality N' Tolerance. Und SLASH kann und liebt den Blues. Hier wird er von seiner fantastischen Begleitband unterstützt, den BLUES BALLs, um Sänger, Keyboarder und Harp-Spieler Teddy „ZigZag“ Andreadis (u.a. Carole King, GUNS N‘ ROSES, Chuck Berry, Bo Diddley, Alice Cooper), der sich anhört, als hätte er mit Whiskey und Glasscherben gegurgelt, Sänger und Rhythmusgitarrist Tash Neal, Johnny Griparic am Bass und Michael Jerome an den Drums.


„Live at the S.E.R.P.E.N.T. Festival“ ist ein Doppelalbum, das im Mission Ballroom in Denver, Colorado, aufgenommen wurde und SLASHs Verbeugung vor den größten Blues- und Rocklegenden wie T-Freddie King, Jimi Hendrix, Bob Dylan, FLEETWOOD MAC, THE TEMPTATIONS, Robert Johnson, STEPPENWOLF und anderen zeigt.

Das Konzert geht nach kurzem Intro und Vorstellung gleich in die Vollen und Vollgas ist auch das Motto der gesamten Scheibe. Schnell, energiegeladen, mit dominierender Hammondorgel wird mit „Parchman Farm Blues“ gleich ein Zeichen gesetzt. Der ursprünglich 1940 von Bukka White komponierte Slow-Delta-Blues, ist in der BLUES BALL-Version kaum wiederzuerkennen. Howlin` Wolfs unzählige Male gecoverter Song „Killing Floor“ überzeugt durch harten Drive und geiler Harpbegleitung. SLASH setzt in allen Songs des Albums mit seiner coolen Lässigkeit Akzente auf spieltechnisch höchstem Niveau. Sein Gitarrenspiel ist unglaublich gefühlvoll und integraler Bestandteil der Band; ein Gitarrenheld, der sich nicht übermäßig in den Vordergrund drängt.

Das für den Blues wegweisende „Born Under A Bad Sign“ von Albert King besticht erneut durch das einfühlsame Solospiel von SLASH; das wirkt perfekt, jedoch nicht in der Art der perfektioniert eingeübten Pentatonik eines Joe Bonamassa. Dass SLASH den Peter Green bzw. FLEETWOOD MAC-Rockklassiker „Oh Well“ perfekt umsetzt, ist Programm: Hier wird der Song von viel roher Energie und brachialem Solo geadelt.
Und so spielt sich die Band mit maximaler Spiellaune durch das Programm, z.B. dem souligen „Papa Was A Rolling Stone“, fast zehn Minuten lang, mit Jam-artiger Interpretation und Tempowechsel, getragen von dem explosiven Gitarrenpart. Der Blues-Standard „Key To The Highway“ aus dem Jahr 1940, bekannt geworden durch die Coverversion von Eric Clapton mit B.B King wird durch den kraftvollen Gesang und SLASHs Gitarrenspiel modern und mit viel Power definiert. „Stormy Monday" ist pure Emotion, Slow Blues in Reinform; sagenhafte Gesangseinlage und melancholische Gitarrenarbeit. "Metal Chestnut" ist SLASHs Eigenkomposition; ein äußerst melodiöses Gitarreninstrumental, bevor die Preziosen des Bluesrock „Crossroads“ und „Stone Free“ von Jimi Hendrix gecovert aber wieder mit eigener Note versehen werden.

Mein Highlight ist der Slow-Blues mit Americana Vibe „It Takes A Lot To Laugh, It Takes A Train To Cry", im Original von Bob Dylans Album „Highway 61 Revisteted“ mit SLASH an der Steel-Pedal-Guitar; sehr atmosphärisch mit klagendem Gesangsvortrag. Eine weitere Preziose ist das „zeitlose Monster“ „The Pusher“, die der Originalversion von STEPPENWOLF kaum nachsteht und auch mit SLASH an der Gitarre diese herrlich psychedelische Schwermut verbreitet.

Man kann über das Album sagen, dass SLASH mit seiner großartigen Band hier nicht den extrovertierten Gitarrenhelden mimt, sondern ganz mit seiner Gibson Les Paul zu einer Einheit mutiert und den Blues nicht nur spielt, sondern leidenschaftlich lebt. Es ist ein Statement, eine Liebeserklärung an den Blues. Der Sound der Liveplatte ist ausgezeichnet aber dennoch hat man das Gefühl, in einem kleinen Club zu sein. Gerade für Neueinsteiger im Bereich des Blues ist diese Scheibe eine Offenbarung, denn SLASH transferiert die oft sehr angestaubten alten Klassiker durch dynamisch aggressiven Rock-Drive ins 21. Jahrhundert (bestes Beispiel: „Parchman Farm Blues“). Oder mit den Worten des Protagonisten zu diesem Set:“ It Is Raw, Fly By The Seat Of Your Pants, Live Rock And Roll Thing“. (Bernd Eberlein)

Bewertung:

8,0 8 / 10

Anzahl der Songs: 15
Spielzeit: keine Angabe
Label: Ear Music / edel
Veröffentlichungstermin: 07.11.2025