Das Schwergewicht des Electric-Blues-Rock meldet sich nach kurzer Pause zurück. Am 18. März veröffentlicht Theodore Joseph Horowitz alias POPA CHUBBY sein neustes Werk mit dem Titel „Emotional Gangster“. Wer den heute 62-jährigen, voll tätowierten, übergewichtigen weißen Mann mit der Glatze zu ersten Mal sieht, mag kaum glauben, dass es sich um einen Giganten des Bluesrock handelt, dessen Gitarrenspiel einen zum Heulen bringen könnte. Und genau darin liegt nach meiner Meinung die größte Stärke des New Yorkers aus der Bronx. Er berührt den Zuhörer, ohne die völlig perfektionierte sterile Spielweise eines JOE BONAMASSA drauf zu haben. Da ähnelt sein Gitarrenspiel doch viel mehr dem großen RORY GALLAGHER; einfacher strukturiert aber bedeutend emotionaler und bodenständiger.

POPA CHUBBY, der nahezu im Jahrestakt neue Alben veröffentlicht, ist nicht ausschließlich auf den traditionellen Blues festzulegen. Er zeigt immer Mut zu stilistischer Vielfalt, bezieht seine Inspiration aus dem Blues und dem Rock, fühlt und spielt den Soul, lässt Rap und Hip-Hop-Elemente zu und manchmal auch ein wenig Country. Seine Vorlieben für BLACK SABBATH, JIMI HENDRIX und LED ZEPPELIN sind ebenso Songimmanent wie die Verehrung für B.B. KING, ALBERT KING und JOHNNY WINTER. Am besten beschreibt POPA CHUBBY seinen Musikstil mit eigenen Worten: „THE STOOGES meets BUDDY GUY, MOTÖRHEAD meets MUDDY WATERS and JIMI HENDRIX meets ROBERT JOHNSON“. Oder kurz gesagt: POPA CHUBBY hat viele Einflüsse in seiner Musik, ist aber tief im Blues verwurzelt.

Auch auf dem neusten Longplayer „Emotional Gangster“ bleibt sich der „Big Boy“ stilistisch treu. Wütende Songs wechseln sich mit besonders gefühlvollen ab und das Album bietet emotionalen Blues mit einem gehörigen Anteil Rock. Die oft eingesetzte Hammondorgel sorgt für einen warmen „Seventies“-Sound. Mit im Boot ist der „Harp-Wizard“ Jason Ricci, der die Bluesrock-Hymne "New Way Of Walking" und das swingende "Best For Last" veredelt.

Gleich der Einsteiger "Tonight I`M Gonna Be The Man" ist ein klassischer, schneller Rocker im ZZ-TOP Gewand. Dominierend ist die geil gespielte Slideguitar, die eine Brücke in den tiefen Süden bildet. POPA CHUBBY lässt die Gitarre im Solo gefühlvoll klagen und sprechen. „New Way Of Walking“ ist klassischer Blues mit Rockelementen und soliden Hammondorgel- und Mundharmonika-Einlagen, getragen von dem kräftigen und lässigen Gesang des Schwergewichts. Der oft textlich wütende Gangster zeigt authentisch seine Emotionalität. "Equal Opportunity" folgt als sehr radiotauglicher Blues der mit POPA`s selbstironischem Humor eine Hommage an die Frauen dieser Welt darstellt und von der Songstruktur her sofort gute Laune verbreitet.

Mit zwei sehr gut gelungenen Coverversionen zollt der Bluesbarde auch seinen Idolen bzw. den "Fathers", wie er sie bezeichnet: oder mit eigenen Worten im Interview: "Ich habe speziell gecoverte Songs wie "Hoochie Coochie Man" und "Dust My Broom" aufgenommen um den Fathers Respekt zu zollen“. Und tatsächlich nimmt sich POPA CHUBBY keine speziellen Freiheiten bei den Interpretationen heraus und bleibt recht nah am Original. Eine starke Version des MUDDY WATERS-Klassikers; schleppender, klassischer Blues.

Ebenso lässt er es beim Delta-Blues Standard „Dust My Broom“ krachen und verbeugt sich vor Elmore James und Robert Johnson in seiner ZZ Top-konformen Version.

„Why You Wanna Make War“ kommt als Hymne gegen Gewalt, tief im Blues verankert mit herausragender Slide-Gitarre. Der Song befindet sich in englischer und französischer Sprache auf dem Album. Mit „Doing O.K“ legt der Protagonist dann ein eher atypisches Stück vor, dass ihn aber gerade als besonderen eigensinnigen Künstler auszeichnet. Mit Sprechgesang und einem gitarrenorientierten Funk-Rhythmus erscheint der Song sehr originell und modern…weit weg vom traditionellen Blues, im Gegensatz zu „Save The Best For The Last“, dem klassischen Bluesstück mit der herausragenden Harp-Begleitung von Jason Ricci. „I`M The Dog“ ist dann wieder harter Bluesrock. Mein Highlight ist allerdings eine sehr stil- und gefühlvolle Ballade, die POPA CHUBBY mit brüchiger Stimme, enormen Feeling und klasse Rhythmus zur Authentizität führt. Auf der CD befindet sich als Bonustrack noch ein über sechsminütiges Instrumental, welches atypisch starke psychedelische Züge aufweist.

Fazit ist, dass der Titel „Emotional Gangster“ den Protagonisten hervorragend beschreibt. Der „Big Boy“ hat definitiv den Blues, den er in seiner ursprünglichen Weise spielt und offen ist für alle Strömungen. Man kann sagen, dass er den Blues rockt. Das Album ist überwiegend sehr hörenswert und abwechslungsreich. Anspieltipps sind auf jeden Fall die Ballade „Fly Away“, der Rocker "Tonight I`M Gonna Be The Man" und das lässige und coole „Equal Opportunity". (Ebi)

 
Bewertung:

 8 / 10

Label: Dixie Frog Records
Anzahl der Songs: 12 (inklusive Bonus-Track)
Spielzeit: 51:39 min
Veröffentlichungstermin: 18.03.2022