Interview mit Claus Berninger (Colos-Saal, Aschaffenburg)

interview colossaal 01Wie meine Redaktionskollegin Sarah-Jane in ihrem Artikel bereits angekündigt hat, haben wir vom Neckbreaker Magazin in den vergangenen Wochen eine ganze Reihe von Interviews geführt mit Vertretern der nationalen und internationalen Kulturszene - genauer gesagt mit vielen verschiedenen Veranstaltern, Bands, Künstlern und Promotern.
Wir möchten damit den Menschen, die für uns Musikliebhaber mit ihrer Kreativität und ihrem Engagement so besonders wichtig sind, eine Plattform bieten, euch und uns mitzuteilen, wie sie mit den Einschränkungen durch die "Corona-Maßnahmen" leben und umgehen.  

Ein Musikclub, der etwas weiter entfernt vom Saarland liegt, ist der Colos-Saal im unterfränkischen Aschaffenburg. Nichtsdestotrotz sind diverse Redakteure von Neckbreaker hier Stammgäste und sowohl für Neckbreaker als auch ganz privat sehr oft in diesem Club anzutreffen. Der Colos-Saal bietet einfach immer eine sehr gute Musikauswahl und auch das ganze Ambiente ist einfach sehr ansprechend und sympathisch. Was haben wir hier schon großartige Konzerte erlebt! Und natürlich ist Aschaffenburg selbst auch immer eine Reise wert. Für das Gespräch stand uns Geschäftsführer Claus Berninger zur Verfügung und wir danken ihm, dass er sich die Zeit genommen hat, unsere Fragen ausführlich zu beantworten und für die ehrlichen Worte. Das Interview wurde Anfang Mai von unserem Redakteur Rainer aufgezeichnet, der sicher den redaktionsinternen Rekord für im Colos-Saal besuchte Konzerte hält.

Neckbreaker Magazin: Wie beeinflusst das Veranstaltungsverbot Eure tägliche Arbeit? Welche Auswirkungen hat das ganz konkret auf Euch?

Claus: Wir können seit Anfang März keine Veranstaltungen durchführen, wodurch alle Einnahmen wegbrechen. Wir mussten 16 feste Mitarbeiter in Kurzarbeit schicken, die Aushilfen waren nicht zu halten.

Neckbreaker Magazin: Haltet Ihr persönlich das Veranstaltungsverbot für eher angemessen oder eher übertrieben?

Claus: Zu Beginn war es sicher angemessen, da niemand wusste wie gefährlich das Virus ist und alles mögliche getan werden musste, um es einzudämmen. Mittlerweile muss man aber auch in der Kulturbranche wieder über Öffnungen reden, wenn man nicht viele Betriebe verlieren will. Wir sind da in der öffentlichen Meinung leider etwas außen vor, auch wenn in unserer Branche viele Arbeitsplätze dran hängen. Derzeit gibt es Verhandlungen mit den verantwortlichen Ämtern, um einen Plan zu entwickeln und welche Auflagen gemacht werden. Die führen nicht wir, dazu sind wir nicht stark genug, das regeln die Interessenverbände der Kulturbetriebe, die derzeit hart am Verhandeln sind. Leider weiß ich noch von keinen Ergebnissen, die Ungewissheit ist das größte Problem.

Neckbreaker Magazin: Welche Maßnahmen, ggf. auch freiwillige, werdet Ihr ergreifen, damit Besucher zukünftig sicher Eure Konzerte besuchen können? Rechnet Ihr in Zukunft mit konkreten Auflagen des Gesetzgebers bei der Durchführung von Events und was würde Euch vor besonders große Herausforderungen stellen? Wann glaubt Ihr, geht es endlich mit Konzerten und Festivals wieder weiter?


Claus: Wie gesagt, die Verhandlungen laufen, denn je länger es dauert, umso mehr Betriebe können dicht machen, was sehr schade ist. Wenn man keine Rücklagen hat und kürzlich erst investiert hat, und neben den laufenden Kosten Kredite abbezahlen muss, wird es eng, zum Glück stehen wir gut da.
Mit Auflagen ist das so eine Sache, ich kann nicht einfach ein Event in die große Stadthalle auslagern, wo man Abstand gewährleisten könnte, das rechnet sich nicht. Selbst wenn uns die Stadt mit der Miete entgegen kommen würde, müsste ich Licht- und Soundanlage buchen, die ja jeder Club vor Ort hat, dann müsste ich mein Personal und meine Gastronomie mitnehmen, leider macht der Hallenbetreiber das Catering selbst, wodurch auch Einnahmen ausbleiben würden. Das kann ich machen, wenn ich einen Act buche, der 1.500-2.000 Leute zieht, aber nicht in der Größenordnung, in der wir unterwegs sind.

Neckbreaker Magazin: Befürchtet Ihr, dass das aktuell weit verbreitete Livestreaming von Konzerten zukünftig negative Auswirkungen auf Euer Business haben wird?

Claus: Nein, wir bauen auf einen festen Kundenstamm, den wir im Laufe der Jahre aufgebaut haben, die Stimmung bei uns kann kein Streaming ersetzen.

Neckbreaker Magazin: Habt Ihr bereits eine staatliche Unterstützung erhalten oder habt Ihr Hoffnung darauf, dass der Staat Euch unterstützt?

Claus: Wir erhalten Kurzarbeitergeld für alle festen Mitarbeiter, das hilft uns sicher weiter.

Neckbreaker Magazin: Was hättet Ihr als Teil der Kulturszene anders gemacht, wenn Ihr auf Entscheidungen hättet Einfluss nehmen können?

Claus: Wie gesagt, es wird verhandelt, ich denke viele wissen gar nicht was dahinter steckt. Unsere Verbände versuchen ja mit der Regierung Lösungen zu finden, wir sind da schon eingebunden. Natürlich können wir nicht alles hinnehmen, gerade mit Bestuhlung auf Abstand bin ich sehr skeptisch.
Ganz ehrlich, ich kann mir kein Rock- oder sogar Metalkonzert vorstellen, das bestuhlt ist, nur in Ausnahmefällen bei Unplugged-Auftritten. Das ist nicht die Kultur, die wir vermitteln wollen, unsere Kultur lebt von Emotionen und dem engen Kontakt in den Clubs zwischen Künstler und Publikum, das kommt da nicht rüber. Dann müssten sich die Fans ändern, da müsste sich die ganze Szene ändern, im Prinzip müsste man da die ganze Menschheit ändern.

Neckbreaker Magazin: Wie können Fans und Interessierte Euch ganz konkret unterstützen? Plant Ihr oder habt Ihr schon ein Crowdfunding?

Claus: Infos dazu gibt es unter: https://colos-saal.de/latest-news/news-details/streaming-aus-dem-colos-saal-spendenaktionen.html

Neckbreaker Magazin: Nach welchen Kriterien plant Ihr eigentlich zukünftige Veranstaltungen, wenn man diese momentan eigentlich gar nicht richtig planen kann? Befürchtet Ihr einen Overkill an Konzerte im Herbst/Winter?

Claus: Nein, wir sind ja mit mehr als 300 Veranstaltungen im Jahr quasi komplett ausgebucht. Sicher werden wir einige Anfragen nicht annehmen können, da viele Termine schon mit Nachholkonzerten belegt sind. Ich befürchte eher, dass mit dem drohenden Ende einiger Betreiber die Auswahl für den Fan kleiner werden könnte.

Neckbreaker Magazin: Vor was habt Ihr momentan am meisten Angst?

Claus: Dass die Situation zu lange dauert und nie mehr zur Normalform zurückkehren wird.

Neckbreaker Magazin: Könnt Ihr der Situation eigentlich auch etwas Positives abgewinnen?

Claus: Nein.


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Bildquelle: Colos-Saal

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