Undertones36 Jahre mussten ins Land ziehen bis THE UNDERTONES sich wieder in der hessischen Landeshauptstadt blicken ließen: Zuletzt hatten sie sich am 13. Oktober 1981 in der Wartburg die Ehre gegeben – wie lang das schon her ist, wird einem klar, wenn einem bewusst wird, dass man selbst damals noch gar nicht existierte. Auf dem Weg zum Kulturzentrum Schlachthof fiel gleich eine lange Schlange sehr junger Menschen auf, die an der großen Halle für die parallel spielenden Brit-Poppern THE KOOKS anstanden. Zumindest teilen sich beide Bands die Herkunft: Die einen aus dem englischen Brighton, die anderen aus dem nordirischen Derry, beide also aus dem United Kingdom. Die Schlange vor dem Kesselhaus war im Vergleich deutlich kürzer, und altersmäßig gesetzter. Dies lässt jedoch keine Rückschlüsse auf die Feierwütigkeit zu.

Eine Vorband gab es nicht, so dass die fünf Musiker bereits gegen 20:30 Uhr die Bühne betraten. Ins Auge fiel gleich der optisch extrem minimalistische Style der Band. Würde man den fünf so auf der Straße begegnen, würde man sicherlich nicht ihren Status als eine der erfolgreichsten englischen Bands aus – ganz zu schweige von ihrer Zugehörigkeit zur Punk-Szene – erahnen können. Vor allem die beiden Gitarristen Damien und John O`Neill sind das wandelnde Understatement. Genauso wie man die Band musikalisch in eine Schublade stecken kann, so gelingt das eben auch in anderer Hinsicht: Keine Punk-Outfits mit Nieten-SafetyPins-und-Pipapo, keine exzentrische Ausstrahlung oder Gehabe, und statt Bier oder Hart-Alk genehmigte sich Sänger Paul McLoone stilbrüchig das ein oder andere Glas Rotwein statt der Pulle Bier zu frönen - während seine Kollegen mit Wasser vorliebnahmen.

Die textsichersten Fans standen zweifelsohne links vor der Bühne – eine Gruppe sehr ausgelassener, Männer und Frauen, schätzungsweise im gleichen Alter der Musiker. Die schienen sich auch nicht an der ungestümen Feierlust der gleich neben ihnen wild pogenden Punks und Skins zu stören. Hierbei ging die ein oder andere Bierflasche zu Bruch, aber neben diesem eher unfreiwilligen Weg, fanden auch einige Liter Vollkornweizensprudel ganz absichtlich ihren Weg gen Hallenboden. So viele Bierduschen habe ich definitiv schon lange nicht mehr auf einem Konzert genommen – auch die Zahl der als Souvenir mit nach Haus gebrachten blauen Flecken (acht Stück!) und ein plattgetrampelter Fuß sprechen wohl eine deutliche Sprache. Irgendwie auch eine lustige Reminiszenz an die alten Punk-Zeiten.

Dabei musste ich unweigerlich daran denken, dass ich kürzlich gelesen habe, dass einige Bands ihre Konzerte zu „Safe Spaces“ umfunktionieren wollen – damit hätte man dem Wiesbadener Publikum glaube ich keine große Freude gemacht. Auch die UNDERTONES schienen mit der ausgelassen tanzenden Menge vor der Bühne keine Probleme zu haben.

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31 Songs lang spielten sich die Nordiren quer durch die eigene Wirkungsgeschichte. Dabei dürfte recht schnell allseits ihre enorme Vielseitigkeit der Band klar geworden sein. Mal fühlt man sich an die RAMONES erinnert, um gleich im nächsten Moment BEATLES-Assoziationen in den Kopf gespült zu bekommen, um wiederum weniger später die BUZZCOCKS oder THE ADVERTS vor dem geistigen Ohr zu haben. Sogar ein paar Country-Anleihen waren hier und da zu vernehmen.

Mein persönliches Highlight war als die fünf den Song „Thrill Me“ vom Album „Get What You Need“ aus dem Jahr 2003 spielte – dieses Lied hatte ich, trotz seiner Popularität, bisher gar nicht so auf dem Schirm. Aber manchmal braucht es ja die Live-Performance, damit ein Lied seine volle Wirkung entfaltet. Generell hab ich so einige Songs durch die Live-Performance neu für mich entdeckt. Die Setlist war von der Dramaturgie her ziemlich grandios durchdacht. So ließ man der sehr ruhigen Ballade „Julie Ocean“ den Top Hit „Teenage Kicks“ folgen – dieser Coup garantierte ein tobendes Publikum und ein dampfendes Kesselhaus. Abwechselnd entertainten Sänger McLoone und Bassist Michael Bradley zwischen den Songs. im breitesten irisch die Menge.

Zum Schluss verabschiedete sich die Band mit größter Geduld gegen 22 Uhr sehr persönlich und mit Handschlag von ihren Fans. Mit nach Hause nahmen sie auch eine besondere Liebeserklärung eines breitgewachsenen Zuschauers, der meinte „If I were gay I would like to marry you all“, die McLoone kommentierte mit „Thank you so much, we don't get that too often“. An der Musik sollte das allerdings nicht liegen. Ich bin mir sicher viele werden an diesen Abend noch lange mit großer Freude zurückdenken (Manu)

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Setlist:

Jimmy Jimmy
Jump Boys
I Gotta Getta
Here Comes The Summer
It's Going To Happen!
Tearproof
Dig Yourself Deep
Hypnotised
Luxury
The Love Parade
Thrill Me
You've Got My Number (Why Don't You Use It!)
Get Off The Phone (Johnny Thunders & The Heartbreakers Cover)
When Saturday Comes
Family Entertainment
Nine Times Out of Ten
Billy's Third
Wednesday Week
Julie Ocean
Teenage Kicks
True Confessions
Much Too Late
Girls That Don't Talk
(She's A) Runaround
Listening In
Get Over You
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I Know A Girl
Male Model
Top Twenty
Girls Don’t Like It
My Perfect Cousin

(Fotos: Pfaelzer)

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