Die "Esotherik-Metaller" ALCEST eröffneten den Abend. Ihre meist ruhige bis verträumte Musik kam mit den passenden Lichteffekten durchaus geschmackvoll rüber, wobei jedem klar sein sollte, das diese Art von Musik nicht gerade zum moshen oder Luftgitarrespielen geeignet ist. So war zu Beginn des Sets die Stimmung auch etwas verhalten, doch das Publikum taute im Laufe der Zeit immer mehr auf. Teilweise kamen die heftigen Stimmungswechsel in brutale, schwarzmetallische Gefilde doch arg überraschend wenn man mit dem Material der Franzosen nicht ganz so vertraut ist, doch sie lockerten die mystische Atmosphäre ein wenig auf. Stimmungsvoll hauchte Neige (Vocals, Gitarre) die Texte auf französisch ins Mikro, nur die extremeren Gesangspassagen hätten druckvoller sein können. Außerdem müsste man eigentlich die kaum existente Bühnenaction der Truppe bemängeln, jedoch stellt sich dann wieder die Frage, was man bei dieser fast schon esotherischen Musik an Showeinlagen bieten soll...obwohl Sie einen soliden Auftritt geboten haben, aber vielleicht sind ALCEST doch eher eine Band, die man sich zu Hause in Ruhe anhört.
Der Grund weswegen ich hauptsächlich ins Colos-Saal bin sollte im Anschluss die Bühne entern. WHILE HEAVEN WEPT, die Epic-Progger aus Virginia konnten besonders in Deutschland mit Ihrem aktuellen Lonplayer "Fear Of Infinity" enorme Erfolge einheimsen. Massenweise gute Kritiken und ein Charteinstieg in die Top 100 ist für eine Band, die jahrelang nur Insidern ein Begriff war ein großer Erfolg. Doch die Band setzte auf altbewährtes Material und eröffnete Ihr Set mit dem Doppel vom Zweitwerk "The Drowning Years"/"Of Empires Forlorn". Die Stimmung war zu diesem Zeitpunkt bereits super, denn die beiden genannten Melodienfeuerwerke lassen nur die wenigsten Leute kalt. Zudem hatte die Formation auch einen gut ausgewogenen Sound und keine technischen Probleme. Ganz im Gegensatz zum Gig auf dem letzten Hammer Of Doom Festival. Der Keyboardteppich von Michelle Schrotz war vorhanden, kleisterte aber die Gitarren nicht zu, so dass die Ihre fetten Doom-Riffs und himmlischen Melodien ebenso rausschmettern konnten, wie Jim Hunter die treibenden Bassläufe und Trevor Schrotz sein kraftvolles Schlagzeugspiel.
Nun sollte mit "Saturn And Sacrifice" der einzige (und doomigste) Song von der neuen Scheibe folgen. Die Meute sang schon vorher mit, doch Sänger Rain Irving, der übrigens mal wieder eine überragende Leistung und eine zutiefst bewegende Show ablieferte, trieb es auf die Spitze, indem er mir für einen Teil des Refrains das Mikro hinstreckte und ich die Zeilen "I crucified myself for you" zum Besten gab. Mit "Vessel" vom Über-Album "Vast Oceans Lachrymose" folgte dann der Smash-Hit, dessen Refrain wohl bis in alle Ewigkeit in unseren Gehörgängen verweilen wird. Ebenfalls abgefeiert wurde "Thus With A Kiss I Die", der Epic-Doom-Klassiker der an emotionaler Tiefe nur schwer zu überbieten ist. Als Überraschung gab es dann noch die JANE-Coverversion "Voice In The Wind", die auch live einfach wahnsinnig ergreifend ist. Ein gigantischer Auftritt, bei dem das Publikum und die Band gemeinsam die gesamte Bandbreite an Gefühlen durchlebte.
Nach diesem Wechselbad der Gefühle sollte es nun weitergehen mit dem Headliner des Abends. PRIMORDIAL starteten furios mit "No Grave Deep Enough", dem Opener der brandaktuellen Scheibe. Sänger und Aushängeschild A.A. Nemtheanga hatte die Meute bereits zu Beginn in der Hand und gestikulierte in gewohnt passionierter Manier. Einzig sein Outfit wirkte auf den ersten Blick etwas seltsam, denn anstatt des schwarzen Muskelshirts, trug er ein weißes Hemd und dazu schwarze Hosenträger. Somit vertritt er jetzt auch optisch die Arbeiterklasse. Die Iren feuerten Klassiker wie "Gallows Hymn", "As Rome Burns" oder das epische, packende Meisterwerk "The Coffin Ships" raus und die Menge hatte Ihren Spaß. Es wurde gebangt, mitgegrölt und Fäuste gen Himmel gereckt.
Dieser furiosen Mischung aus Pagan/Black Metal und keltischen Elementen kann man sich nur schwer entziehen. Ohne zu sehr in Klischees zu baden schafft es die Formation diesen gewissen altertümlichen Spirit rüberzubringen und bleibt dabei trotzdem jederzeit glaubwürdig und musikalisch hart. Sie kommen ohne Flötengedudel und sonstigen Firlefanz aus, überzeugen stattdessen mit epochalem Songwriting und Herzblut bei der Darbietung Ihrer Stücke. Als Zuschauer wird man automatisch ein Teil dieses Ganzen, denn Nemtheanga animiert die Massen so sehr, dass man einfach in diesen Mahlstrom hineingezogen wird und abgehen muss. "Redemption At The Puritans Hand", der neue Longplayer wurde desweiteren mit "Bloodied Yet Unbowed" und "Death Of The Gods" beworben. Zum Schluss gab es noch den Gassenhauer "Empire Falls", der den Fans noch einmal alles abverlangte und Sie dann zufrieden in die Nacht entliess. (Kevin)