Als sich Mitte der Neunziger der Gothic Metal aus dem Todesblei heraus schälte, waren CREMATORY nicht nur früh dabei, sondern sie führten die Szene in Deutschland auch an. Das tun sie auch noch heute, da dieses Genre nur noch ein Randdasein fristet, wobei sie eher die einzigen Überlebenden hierzulande sind. Dennoch haben sie in unserer Metallandschaft eine gewisse Relevanz erhalten, zumal sie versuchen ihren Stil weiter zu transportieren. Auch der zwischenzeitliche Split konnte sie nicht aufhalten, doch seit dem Neustart gehen es die Vorderpfälzer ruhiger an. So verwundert es nicht, dass sie vier Jahre brauchten, um „Antiserum" einzuspielen.
Ein Intro gehört zwar zu jeder Scheibe der Band dazu, doch dieses Mal lässt „Apocalyptic Vision" aufhorchen. Was aus den Synthesizern von Katrin Jüllich kommt hat mit der melodischen und manchmal auch kitschigen Untermalung der Vergangenheit wenig zu tun. Diese Klänge stammen eher aus der Elektronikfabrik der Neunziger, damals nannte man das wohl EBM, es geht aber auch in Richtung Techno. Ganz fremd in den Stilausformungen von CREMATORY ist das nicht, vor allem auf dem Comeback „Revolution" gab es teilweise schon solche Einflüsse.
Klar, der Deathmetal der frühen Tage ist schon lange verschwunden, Ende der Neunziger schielte man eher in Richtung Neuer Deutscher Härte oder auch mal zum Neo Thrash. Gerade „Klagebilder" ist viel von dem Riffsperrfeuer geprägt. Auf den letzten beiden Scheiben knüpften sie mit einer traditionelleren und ruhigeren Ausrichtung an „Believe" von 2001 an. Doch nun hat man alles wieder auf den Kopf gestellt und fährt die Elektronikschiene über die komplette Albumlänge. Dieser Schwenk geht vor allem auf die Zusammenarbeit mit Elmar Schmidt von der Hamburger EBM-Formation CENTHRON zurück.
Fans müssen jetzt aber keine Angst haben, denn CREMATORY sind noch immer als solche zu erkennen. Ihre typischen Trademarks in Sachen Riffs und Melodieführung haben sie beibehalten, es gesellt sich lediglich eine neue Facette dazu. Die Beats und Sounds prägen die Songs unterschiedlich stark, gerade bei den groovigen Gitarren von „Welcome" oder „If You Believe" treten sie eher in den Hintergrund. Vor allem Letztere überrascht mit einem an SEPULTURA klingenden Riff.
Das zwischen flächigen Klängen und rockiger Attitüde pendelnde „Irony Of Fate" hätte auf einem der letzten Alben Platz gehabt, ebenso der ruhigere Titeltrack am Ende. Doch die hämmernden Staccatos von „Inside Your Eyes" werden ganz klar von den elektronischen Rhythmen gefüttert. So richtig technoid stampfen dann „Kommt Näher" und „Virus" drauf los, immer wieder flankiert von den, für dieses Genre typischen, flirrenden Fanfaren. Die finden sich auch auf dem eher sphärischen „Back From The Dead" wieder.
Was der Scheibe allerdings mehr fehlt als ein erhöhter Metalanteil sind schlüssige Songs. Zwar bindet man die ganze Elektronik recht homogen ein, doch andere Gegensätze bekommt die Truppe hier nicht so verarbeitet. Gerade das viele Springen zwischen deutschen und englischen Lyrics wirkt auf Dauer doch etwas anstrengend. Funktionierte in letzter Zeit das Wechselspiel zwischen den Growls von Felix und Matzes Klargesang gut, so hakt es auch an dem Parameter.
Als weitere Schwachstelle entpuppt sich das Drumming von Markus Jüllich, weil es zum einen in den Beats ziemlich untergeht. Wenn schon der Schlagwerker an der Produktion beteiligt ist, sollte er sich ein wenig bemerkbarer machen. Dazu vermag er es die Songs kaum voran zu treiben, sein Spiel kommt doch arg lässig rüber. Lediglich im Refrain von „If You Believe" hat er ein paar gute Breaks am Start, ansonsten findet er kaum statt.
Und was man dem Hörer mit „Shadowmaker" als neuen Bandhit anbietet, kommt an „Tears Of Time" oder „Greed" bei weitem nicht heran. Auch die Nummer leidet an den angesprochenen Makeln, auch wenn sie um Eingängigkeit bemüht ist. So bleibt am Ende zwar ein Werk, mit dem die Fünf Mut beweisen, der aber nicht belohnt wird. Nachdem „Infinity" wieder stärker war, geht hier die Kreativitätskurve erneut bergab. (Pfälzer)
Bewertung: 5 / 10
Anzahl der Songs: 11
Spielzeit: 43:27 min
Label: Steamhammer/SPV
Veröffentlichungstermin: 21.02.2014