Eine der interessantesten Bands im Prog Metal schiebt sich vom Exotenstatus "Down Under" immer mehr in den Fokus der globalen Fan-Gemeinde. Kaum eine Formation verbindet so harte Riffs mit solch eingängigen Melodien wie VOYAGER, dosiert dabei die verspielten Momente punktgenau. Zwar ist mit Sänger und Keyboarder Danny Estrin nur noch ein Gründungsmitglied an Bord, doch das Line-Up ist seit Jahren stabil. Mit "Colours Of The Sun" hat man im auslaufenden Jahr ein starkes neues Album veröffentlicht. Aus dem Anlass sprachen unsere Redakteure Rainer und Anne mit dem Frontmann.
Rainer: Hallo Danny, mit „Colours In The Sun“ habt ihr nun bereits Euren siebten Longplayer veröffentlicht, hättest Du in den Anfangstagen der Band jemals daran gedacht?
Danny: Na ja, man erhofft es sich schon, allerdings war ich damals überzeugt, dass ich mein ganzes Leben Progressive Power Metal komponieren werde und nicht Synthwave Djent (oder wie man das auch nennen möchte). Was ich mir nie hätte vorstellen können, ist dass wir mit unserer Musik nach Europa, Japan, Mexico und die USA eingeladen werden… Das ist der Traum eines jeden jungen Musikers.
Rainer: Das Album wurde vor rund einer Woche veröffentlicht. Wie sind denn die Reaktionen auf das Album bisher und wie zufrieden seid ihr mit diesen Reaktionen?
Danny: Die Reaktionen sind unglaublich, besonders von Medien, von denen ich das wirklich nicht erwartet hätte (z.B. Metalsucks). Zufrieden wäre untertrieben, wir sind alle überglücklich!
Rainer: Erneut hat es zweieinhalb Jahre gedauert, bis etwas Neues von Euch zu hören war, was habt ihr in Zwischenzeit getrieben?
Danny: Das Album war ja im Februar schon fertig, aber das Label hat seine Timeline für Promo usw. Wir haben zwischen „Ghost Mile“ und dem neuen Album viel getourt, in Europa, USA, Japan, Mexico und natürlich auch viel in Australien.
Rainer: Das Line-Up ist jetzt schon längere Zeit zusammen, erleichtert das die Arbeit mit der Band?
Danny: Absolut. Es ist eine Freude, mit dieser Besetzung zu arbeiten und Songs zu komponieren. Es läuft alles wie geschmiert, wir sind alle musikalisch auf der gleichen Wellenlänge und alle geben ihren besten Senf dazu! Wir sind mittlerweile eine fast untrennbare Familie.
Rainer: Ihr habt auf dasselbe Team wie beim Vorgänger vertraut, wissen Leute wie Aidan Barton am besten wie ihr klingen wollt?
Danny: Aidan weiß das live auf jeden Fall – ich vertraue ihm hundertprozentig, deshalb ist er auch unser Livetontechniker. Unser Team, wenn es um Aufnahmen geht, ist Matt Templeman und Simon Struthers (Forensic Audio). Wir haben beim letzten Album einen Mastering-Test gemacht, sogar nach Sterling Sound (New York) haben wir einen Song geschickt. Simon war meilenweit besser, warum also rumexperimentieren, wenn man Talent vor der Tür hat!
Rainer: Ihr nehmt immer noch im heimischen Perth auf, wie sind generell die Möglichkeiten in Australien für Metalmusiker?
Danny: Relativ gut, obwohl die geografischen Einschränkungen uns immer mehr zu schaffen machen. Wir haben sehr viele erfolgreiche Bands in Australien (KARNIVOOL, PARKWAY DRIVE, DEAD LETTER CIRCUS, usw.), aber es ist halt immer ein Riesenaufwand zu touren. Australien hat eine gesunde Heavy-Szene, aber im Vergleich zu Europa ist es natürlich auf einer sehr kleinen Skala.
Rainer: Habt ihr schon einmal überlegt in einem Studio außerhalb Australiens aufzunehmen?
Danny: Wir haben „The Meaning Of I” mit Jens Bogren in Schweden abgemischt, das war sehr cool, aber ganz ehrlich gesagt haben wir solche fantastischen Möglichkeiten und Talent hier vor Ort, dass es rein finanziell nicht die Sache wert ist. Leider ist alles, was wir außerhalb des Landes machen, immer gleich mit ca. 5.000 € Kosten für Flüge verbunden. Rainer: Wie kamt ihr auf die Idee, bei einem Lied Einar Solberg von LEPROUS einige Parts singen zu lassen und wie hat die Zusammenarbeit funktioniert?
Danny: Die Jungs von Leprous haben wir vor geraumer Zeit kennengelernt und wir haben uns super verstanden. Da wir schon vorher Gastmusiker hatten (Dan Tompkins von TESSERACT und DC Cooper von ROYAL HUNT) habe ich mir gedacht Einar würde einen passenden Kontrast zu meiner Stimme liefern. Gesagt getan, und so ist „Entropy“ entstanden. Ich habe Einar übrigens einen Referenztrack gegeben, den er netterweise total ignoriert hat und einfach lossang. Das Ergebnis ist fantastisch!
Rainer: Einige Songtitel wie auch der Albumtitel drehen sich um Licht und Farbe, könnte man sagen, dass es sich um eine Art Konzeptalbum handelt? Was wollt ihr mit dem Album ausdrücken?
Danny: Gewissermaßen – es geht viel um die Mischung von diversen Elementen, kulturell und musikalisch, die sich in diesem eigenartigen Land Australien zusammenfinden. Es ist generell ein ziemlich positives Album, welches sich in verschiedenen Farbtönen darstellt. Übrigens ist das Cover eine Collage von mehreren australischen Sonnenuntergängen.
Rainer: Ihr bewegt Euch musikalisch vom traditionellen Metal weg, anstelle von Leadfills rücken immer mehr harsche Djent-Riffs. Eine bewusste Entscheidung oder reflektiert ihr nur die aktuellen Strömungen der Szene?
Danny: Ganz ehrlich gesagt eine rein natürliche Entwicklung. Traditionelle Metal-Riffs sind für mich nur teilweise interessant – was mich am meisten reizt sind gute Kompositionen, eingängige Melodien und eine fette Unterleiste (ob Djent oder nicht). Das ist für mich die perfekte Mixtur.
Rainer: Eure Cover waren früher klassische Paintings, zuletzt habt ihr auf abstrakte Formen gesetzt. Wollt ihr damit eure musikalische Entwicklung und euren Weg zum völlig eigenständigen Sound unterstreichen?
Danny: Uns gibt es ja schon seit geraumer Zeit, daher ist Entwicklung (besonders als „progressive” Band) sehr wichtig. Es ist so langweilig, wenn eine Band das gleiche Album neunmal veröffentlicht, nur mit leichten kosmetischen Veränderungen. Man muss sich nur die Evolution von Bands wir LEPROUS und OPETH ansehen, um zu merken, dass es auch anders geht. Das ist bei uns genauso.
Rainer: Was hat Eure elektronischen Elemente mehr beeinflusst, deutsche Bands wie KRAFTWERK und TANGERINE DREAM oder eher die New Romantics wie VISAGE und HUMAN LEAGUE?
Danny: Ganz ehrlich gesagt eher Psytrance, INFECTED MUSHROOM, Chillout Music, OZRIC TENTACLES und – ähem - Klassiker wie MODERN TALKING. Es geht einfach nichts über fantastischen Käse-Pop… Mein Traum ist es immer noch „You’re My Heart, You’re My Soul” zu covern… vielleicht nächstes Jahr [Oh mein Gott. Bitte nicht. Wobei „Brother Louie“ oder „Cheri Cheri Lady“ ja noch schlimmer wäre. – nicht ganz ernst gemeinte Anmerkung von Anne].
Rainer: Welches Keyboard-Equipment spielst Du?
Danny: Ich habe ein Roland Ax-1 Keytar (die rote Plastik-Axt) mit einer Korg 05R/W Module aus den 90ern. Im Studio benutze ich gerne alte Yamaha Rack Synths, Korg Triton und sehr viele Sounds aus dem Chillout/Chillbient-Bibliotheken. Der Pentagon II Synth bei Sonar war immer ein Favorit, sowie auch der neue Reason – EUROPA Synthesizer – ein fantastisches Spielzeug. Sonst habe ich auch ein Grotrian-Steinweg Klavier und ein Korg CV1.
Rainer: Hilft es Euch in Europa weiter, dass Deine Familie ursprünglich aus Deutschland stammt?
Danny: Fast nicht, abgesehen davon, dass ich mich auf Touren besser verständigen kann. Mein Deutsch ist sowieso nicht mehr das, was es war; ich lebe ja schließlich auch schon fast 30 Jahre in Australien.
Rainer: Wie wichtig ist der europäische Markt für Euch?
Danny: Sehr wichtig, obwohl wir auch in den USA ganz ehrlich gesagt besser angekommen sind, als wir dachten.
Rainer: Wo könnt ihr die meisten Erfolge verbuchen?
Danny: Momentan in England – besonders nach BLOODSTOCK wurde der Erfolg immer größer.Rainer: Könnt ihr von der Musik leben? Wenn nicht, was arbeitet ihr nebenbei?
Danny: Sie belieben zu scherzen… In der Band sind wir Gitarrenlehrer, Grafikdesigner, Rechtsanwälte und Verkäufer.
Rainer: Was für Erfahrungen habt ihr auf Support-Touren wie etwa mit LEPROUS gemacht? Hat Euch das weiter gebracht?
Danny: Klar, man gewinnt immer neue Fans, bei jeder Support-Tour, ob mit DEFTONES, NIGHTWISH, LEPROUS oder auf einem Festival.
Anne: Live kommen mittlerweile die meisten Keyboardparts vom Band und du spielst eigentlich nur noch die Soli. Habt ihr schon mal überlegt, einen Live-Keyboarder in die Band aufzunehmen?
Danny: Würde ich liebend gerne, aber finanztechnisch wäre es besser, gleich die ganze Band aufs Band zu schmeißen und ein Hologramm von mir einzublenden. Kurzum nein, es ist einfach zu teuer.
Anne: Dieses Jahr habt ihr zum vierten Mal (wenn ich mich recht erinnere) auf dem Prog Power Europe gespielt und ihr scheint eine ganz besondere Beziehung zu diesen Festival zu haben. Kann man das so sagen und wenn ja, wie kam es dazu?
Danny: Wir waren die erste australische Band auf dem Festival (hmm oder war das ALCHEMIST?) und als wir 2006 dort spielten, war die Energie einfach umwerfend. Unser Herz ist irgendwie an diesem Festival hängengeblieben und wir kommen immer wieder. Es ist einfach alles so nett!
Anne: Nächstes Frühjahr spielt ihr auf dem Prognosis Festival in Eindhoven. Dürfen wir Europäer hoffen, dass das Teil einer ganzen Tour ist? Habt ihr schon Pläne für Festivals im Sommer?
Danny: Leider mussten wir aus finanziellen Gründen Prognosis absagen. Es rentiert sich leider nicht, aus Australien zu kommen und nur ein einziges Festival zu spielen. Es war ursprünglich eine größere Tour geplant, aber die kam nicht zustande – deshalb klappte es leider nicht. Es ist das erste Konzert, was wir je abgesagt haben – aber ich glaube, die Fans verstehen das. Glücklicherweise gibt es Pläne für Juni/August und wir spielen in Portugal das Comendatio Festival mit MONUMENTS und VOLA!
Rainer: Vielen Dank, dass du dir die Zeit zur Beantwortung unserer Fragen genommen hast! Viele Grüße auf die andere Seite der Erdkugel von Neckbreaker!
Danny: Ich bedanke mich und entschuldige die Verspätung. Die Brieftaube musste etwas länger fliegen. Alles Gute!