Interview mit Heri Joensen (Týr) - Deutsche Version

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Anne: Also lass uns einfach ohne Begrüßung oder irgendwas beginnen: Kann diese Show als die Geburtstagsshow von TÝR betrachtet werden?

Heri: Ich fürchte nein. Wir wollten eine Geburtstagsshow zum 10., 15., 20. machen… [lacht]. Aber das ist schon alles vorbei. Es ist wirklich ein Projekt des Leiters des Symphonieorchesters. Es war seine Idee. Es ist sein letztes Projekt. Es wird für ihn eine kleine Veränderung geben, von daher ist es ein gutes Timing und es ist komplett seine Arbeit und seine Idee. Es ist auch ein passendes Timing für uns, denn es ist ungefähr 20 Jahre her, dass wir begonnen haben. Etwas mehr, um genau zu sein. Und etwas weniger als 20 Jahre seit wir das erste Album veröffentlicht haben, also es passt ungefähr, aber das ist nicht die Bedeutung dieser Show.

Anne: Wenn du die letzten 20 Jahre Revue passieren lässt, würdest du im Rückblick etwas ändern oder würdest du sagen, dass du falsche Entscheidungen getroffen hast?

Heri [lacht]: Ich würde auf den Rat meiner Freunde hören und kein Musiker warden sondern etwas machen wovon man auch die Rechnungen bezahlen kann. Ich weiß nicht. Ich hätte früher anfangen sollen. Ich war 27 als wir begonnen haben und ich hätte alles zwischen 17 und 27 überspringen sollen und sofort mit Musik anfangen sollen. Dann wäre ich jetzt vielleicht da wo ich in 10 Jahren sein werde.

Anne: War die Herkunft von den Färöern im Rückblick eher ein Vor- oder ein Nachteil für die Band?

Heri: Ich denke ein Vorteil. Einfach wegen dem Folk und weil die Leute sehr neugierig auf die Färöer sind wenn sie davon hören. Und ich habe mich mit einigen Leuten unterhalten, die in der Werbeabteilung von Plattenfirmen arbeiten und sie sagten mir, dass es sehr wichtig ist, wo eine Band herkommt. Thomas Caser von Napalm Records hat mir mal erzählt, dass wenn er genau die gleiche Band hätte, die exakt die gleiche Musik wie wir spielen würde, aber aus Italien käme, dann könnte er es nicht verkaufen. Also ich nehme ihn beim Wort, es ist ein Vorteil.

Anne: Die Shows waren die am schnellsten ausverkauften Konzerte, die hier je stattgefunden haben. Was denkst du darüber?

Heri: Das Symphonieorchester muss wirklich gut sein! [lacht]. Ich habe sie noch nie gehört.

Anne: Und die Leute haben noch nach einem weiteren Zusatzkonzert gefragt. Warum kam es nicht dazu?

Heri: Weil es sehr teuer ist, das Symphonieorchester zu beschäftigen. Ich glaube, es sind 80 Leute. Und die müssen alle bezahlt werden und ernährt und untergebracht und geschlachtet und tiefgekühlt [lacht]. Nein, ernährt und untergebracht und selbst wenn sie ausverkaufen entstehen mehr Kosten als Einkommen erzielt wird.

Anne: Gab es Überlegungen, dieses Konzert irgendwo in Europa stattfinden zu lassen, wo mehr Fans der Band hätten hinkommen können?

Heri: Ja, der Geschäftsführer des Symphonieorchesters, Poul Jákup Thomsen ist sein Name, er plant, dieses Projekt nach Dänemark und Island zu bringen, wenn er es hinbekommt. Falls wir das in der Zukunft irgendwo anders machen, dann nicht sehr bald. Es ist extrem schwer Geld dafür zu finden, so wie ich es verstehe. Zum Glück ist das nicht meine Aufgabe. Aber ja, wir werden das nach Europa und nach Island bringen und überall hin wohin wir können. Ich habe ihnen gesagt, dass ich nicht nein sagen werde. Was immer wir tun können, ich bin sofort dabei. Also mal sehen, was dabei herauskommt. Ich hoffe, dass es passieren wird.

Anne: Und weißt du, wie viele Fans aus dem Ausland angereist sind?

Heri: Zwei! [lacht]:

Anne: Nein, das stimmt nicht.

Heri: Nein. Catharina kommt heute, also mindestens drei. Wahrscheinlich mehr. Aber nur meine Freunde, weil du nur Tickets kaufen konntest, wenn ich dir den Link geschickt habe und dir gesagt habe wie und wann genau du sie kaufen must. Ich vermute, ihr hattet ein gutes Timing um die Tickets zu kaufen, es war sehr schwer an sie ranzukommen. Sogar Leute, die wussten, wie man sie kauft kamen zu spät. Von daher denke ich, dass nicht viele Auswärtige kommen werden, nur die, die genau wussten, wie man die Tickets kauft. Das ist meine Vermutung.

Anne: Ich weiß von drei anderen, ohne Cat. Ich wusste nicht, dass sie kommt.

Heri: Gut, dann sind es Sechs.

Anne: Das ist nun eine Frage, die du bereits teilweise beantwortet hast: Wann hattet ihr die Idee für dieses Konzert?

Heri: Es war Poul Jákup Thomsens Idee. Es muss so vor drei Jahren gewesen sein, als er mich zum ersten Mal kontaktiert hat. Wir hatten einige Treffen, vielleicht fünf Treffen, schon vor einigen Jahren. Wir haben nur darüber geredet, ob wir Interesse daran haben, was wir brauchen würden – was ein sehr kleiner Teil von allem ist, es geht viel eher darum, was das Orchester braucht. Es ist ganz ehrlich sein Projekt. Ich habe damit sehr wenig zu tun. Abgesehen davon, dass ich die Musik geschrieben habe.

interview 20200205 02Anne: Und wann habt ihr mit der konkreten Planung angefangen?

Heri: Das Datum, zum Beispiel, das haben wir vor mehr als einem Jahr festgelegt. So weit zurück geht unsere Planung. Der Rest ist alles die Arbeit von Thomsen.

Anne: Wie lang dauerten die Vorbereitungen für das Konzert, was wurde benötigt, wie viel habt ihr geprobt?

Heri: Wir spielen einen Song, den wir noch nie zuvor gespielt haben. Und wir üben seit Montag in einem Proberaum in Tórshavn. Und ich habe mich besser vorbereitet als ich es üblicherweise vor Konzerten mache, da es für das Fernsehen aufgezeichnete wird und hoffentlich in irgendeiner Form veröffentlicht wird. Von daher erfordert es nicht furchtbar viel Vorbereitung, wir müssen uns nur an alles richtig erinnern und ordentlich üben.

Anne: Und welche anderen Vorbereitungen waren erforderlich bevor ihr überhaupt mit den Proben angefangen habt? Dinge wie die Noten für das Orchester zu erstellen?

Heri: Oh ja, natürlich. Ich habe bereits alles auf Noten. Ich schreibe alles in Noten, schon bevor wire s aufnehmen, also habe ich sie einfach dem Typ in Island, der für die Orchestrierung zuständig ist [Haraldur V. Sveinbjörnson, Anm. d. Verf.], zugeschickt. Von daher war das nicht viel Arbeit.

Anne: Für dich.

Heri: Für mich, zumindest. Viel Arbeit für ihn.

Anne: Wie oft probt ihr zusammen mit dem Orchester?

Heri: Zweimal. Heute und morgen. Aber sie haben schon geprobt. Der Chor probt separat. Das Orchester ist aufgeteilt, ich glaube, die Streicher proben irgendwo, und die Bläser proben irgendwo. Und alle zusammen. Also es ist nicht so, dass sie es jetzt zum ersten Mal spielen.

Anne: Und weißt du, wie lange Haraldur V. Sveinbjörnson, der die Songs für das Orchester arrangiert hat, dafür gebraucht hat?

Heri: Ich glaube, er hat etwa ein halbes Jahr darauf verwandt, das zu tun. Es ist sein Vollzeitjob, Arrangements für Orchester zu erstellen.

Anne: Hat die Zusammenarbeit mit dem Orchester dir einen neuen Blickwinkel auf deine eigenen Songs eröffnet?

Heri: Nein, ich habe es ja noch nicht gehört. Die Orchestrierungen. Ich werde sie heute zum ersten Mal hören.

Anne: Bist du neugierig?

Heri: Ja. Ja, bin ich. Ich bin sehr neugierig. Aber ich bin fast sicher, dass es mir gefällt. Der gleiche Typ hat auch die Orchestrierungen für SKÀLMÖLD gemacht und ich finde, das war sehr, sehr gut.

Anne: Wie habt ihr die Songs für die Show ausgewählt?

Heri: Wir dachten, dass wire in paar populäre Songs spielen sollen, wie “Ormurin Langi” – das ist zumindest auf den Färöern sehr beliebt. Und dann dachten wir, dass es auch symphonische Songs sein sollten. Darum spielen wir „Álvur Kongur“ zum Beispiel, es ist der letzte Song auf dem neuen Album. Und der Rest sind Songs, die wir schon öfter gespielt haben. Wir dachten auch, wir sollten nicht zu viele neue Songs spielen, denn es wird schwer werden, dafür zu proben und Songs zum ersten Mal zu spielen ist riskant. Denn es funktioniert nie zu 100%. Also haben wir einen neuen Song und der Rest sind beliebte Songs und orchesterfreundliche Songs – meiner Meinung nach zumindest.

Anne: Wird es Auswirkungen auf die Show haben, dass Attila [Vörös, Anm. d. Verf.] die Band verlassen hat? Habt ihr schon einen Ersatz?

Heri: Attila hat während unserer letzten Shows ein ungarisches Folk-Solo gespielt und es war geplant, das er das hier auch machen würde. Von daher mussten wir das nun canceln. Weil Terji stattdessen spielt. Aber die Show wird so gut sein, wie sie sonst auch gewesen wäre, weil wir Terji haben. Die einzige Auswirkung ist, dass wir einige von Attilas Soloparts überspringen.

interview 20200205 05Anne: Wird das Konzert auf CD oder DVD veröffentlicht werden?

Heri: Ich weiß es noch nicht. Laut Vertrag haben wir das Recht, damit zu tun, was wir wollen, von daher haben wir noch keine Pläne gemacht, aber ich denke, es wäre nett, eine DVD zu machen. Oder zumindest Videos für YouTube. Wir haben das noch nicht entschieden.

Anne: Und falls Gunnar als letztes verbliebenes Originalmitglied die Band ebenfalls verlassen würde, würdest du mit TÝR weitermachen?

Heri: Ja, befürchte ich. Ich würde versuchen aufzuhören, aber ich befürchte ich mache das bis ich sterbe.

Anne: Hast du schon Pläne für die Zukunft von TÝR?

Heri: Nur Tourneen. Bzw. Eigentlich wollten wir das neue Album planen, jetzt, wo wir alle zusammen hier sind, auch der Booker und der Manager, aber die nächsten Pläne sind Tourneen; Nordamerika, Australien und so.

Anne: Und wo siehst du dich selbst und Týr in 10 Jahren?

Heri [lacht]: Ich verdiene mehr Geld. Ich weiß nicht. Es ist schwer zu sagen. Wir werden einfach weiterhin das Gleiche machen und versuchen besser und besser zu werden.

Anne: Vor Jahren hast du mir mal erzählt, dass du kein großer Fan von nichtcleanen Gesangsstilen bist. Aber jetzt hast du selber angefangen zu growlen. Was hat deine Meinung geändert?

Heri: Jari Mäenpää und Johan Hegg. WINTERSUN und AMON AMARTH. Ich habe diese Bands sehr, sehr viel gehört und dann hat natürlich Terji den Song “Gates Of Hel” geschrieben und ich fand, dass es eine Art Growlingsong ist, also habe ich es einfach versucht.

Anne: Wann wird das neue HELJAREYGA-Album veröffentlicht werden?

Heri: Motherfucker… Ich wurde gerade überzeugt, es bis nach dem nächsten TÝR-Album zu verschieben. I hatte wirklich vor, dass ich nach dem SURMA-Album, das ich gerade vor ein paar Tagen fertiggestellt habe, das neue HELJAREYGA-Album zu machen, aber ich habe mit dem Manager gesprochen und mit dem Booker, denn wir hatten ein Meeting und besprachen, was wir als nächstes machen werden und sie haben mich überzeugt, diesen Scheiß zu verschieben. Denn du wirst damit niemals Geld verdienen. Und ich habe es gemacht. Also mein Plan ist jetzt das nächste TÝR-Album zu machen und dann das nächste HELJAREYGA-Album. Hoffentlich. Ich habe alles fertig. Wenn ich meinen Computer hier hätte, könnte ich es dir zeigen.

Anne: Du musst es nur aufnehmen.

Heri: Du solltest mir mal einen Tag lang überallhin folgen und sehen, wieviel Zeit ich für so einen Mist habe [lacht].

Anne: Ich würde dich einfach die ganze Zeit pieken. Tu es! Tu es! Tu es! Dann würdest du viel Zeug erledigen.

Heri: Oh ja. Warum habe ich nie daran gedacht?

Anne: Wie viele Länder konntest du bisher dank der Band besuchen?

Heri: Oh, viele. Sehr viele. Ich habe nicht gezählt. 20, 30 mindestens.

Anne: Gibt es Länder, die du unbedingt besuchen willst? Wo du gerne mal spielen würdest?

Heri: Ja. Ja, die gibt es. Wir gehen nach Australien und Neuseeland. Und China. Ich wollte schon immer mal nach Neuseeland. Es wird ziemlich unspektakulär werden. Wir fliegen rein, Hotel, Club, Bar, Hotel und wieder raus, wir werden also leider keine Zeit haben, etwas anzusehen. Aber es wird nett sein, zumindest einmal dort gewesen zu sein. Wir waren kürzlich in Japan, das war wunderbar. Und wir werden im Mai dorthin zurückkehren. Wir gehen auch nach China, sofern sie jemanden reinlassen. Oder raus. Wenn dieser Tag kommt. Es sind so viele. Ich würde gerne überall hingehen. Überallhin.

Anne: For einigen Monaten wurde eure Facebookseite gehackt und der ganze Inhalt gelöscht…

Heri: Sie wurde nicht gehackt. Jemand hat sie von uns gestohlen.

Anne: …ja, und alles wurde gelöscht, der ganze alte Inhalt. Wir hast du das erlebt und welche Anstrengungen waren erforderlich, um sie zurückzubekommen?

interview 2020020506Heri: Ich habe alles mit Facebook versucht. Es ist extrem schwierig, sich bei ihnen über irgendetwas zu beschweren und einen echten Menschen zu erreichen ist schwierig. Als ich endlich die Funktion, dass jemand mein künstlerische Eigentum gestohlen hat – ich denke, man kann eine Facebookseite als künstlerisches Eigentum bezeichnen, denn es ist dein Markenname und alles – da hat sofort jemand reagiert, weil sie verklagt werden können, glaube ich, wenn sie dass zulassen. Jemand kann sie anzeigen, wenn sie es erlauben, dass jemand von dir stiehlt und ich vermute, dass jemand draufgeschaut hat, gesehen hat, dass es passiert ist und es zurückgesetzt hat. Ohne Probleme. Es ist nur schwierig, den richtigen Ansprechpartner zu erreichen. Die richtige Person bei Facebook zu erreichen. Das alte Zeig ist alles weg und wird nicht wieder zurückkommen. Ich glaube, jemand in Vietnam hat eine Methode entwickelt um Seiten zu stehlen und verkauft sie dann an Leute, die Dinge verkaufen. So wie du Seiten kaufen kannst, die schon eine Million Likes haben. Und es war mein Fehler. Es war Betrug. Ich hatte zuvor eine ähnliche Erfahrung gemacht und das war kein Betrug. Wir hatten eine Kooperation mit einer Firma, die uns dafür bezahlt hat, dass wir sie bei Werbung unterstützt haben. Aber dieses Mal war es Betrug und sobald sie Zugang hatten, haben sie jeden rausgeschmissen. Es sah gleich aus, war es aber nicht.

Anne: Hast du Tips für andere Bands, damit sie nicht die gleichen Erfahrungen machen müssen?

Heri: Ja. Wenn es zu gut klingt um wahr zu sein, dann ist es das vermutlich. In einem von hundert Fällen ist es das nicht, aber in 99% der Fälle ist es zu gut um wahr zu sein.

Anne: Und würdest du gerne Sea Shepherd für die kostenlose Werbung danken?

Heri [lacht] Ja. Danke, Herr Watson für die unglaubliche Werbung. Ich hätte mir das nie selbst ausdenken können!

Anne: Danke, dass du dir die Zeit für dieses Interview genommen hast!

Heri: Danke gleichfalls!



Livefotos: Anne, Foto von Heri und mir: Andrea H.

 

 

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