Dream Child - Until Death Do We Meet Again

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Ronnie James Dio ist tot, es lebe Ronnie James Dio! In der Tat ist die Musik des legendären Sängers auch acht Jahre nach seinem Tod noch immer aktuell, auch weil seine ehemaligen Mitstreiter diese nach wie vor pflegen. Bei LAST IN LINE hat sich die Restbesetzung von jenem Album formiert, dass auch das sagenumwobene Debüt "Holy Diver" einspielte, wobei Bassist Jimmy Bain mittlerweile auch abberufen wurde. Unter DIO DISCIPLES traten ebenfalls frühere Bandmitglieder mit gleich mehreren Vokalisten auf, während der letzten Tour hatten sie sogar ein Hologramm des Meisters dabei. Ein Teil dieser Formation macht nun unter dem Banner DREAM CHILD gemeinsame Sache, neben Craig Goldy, Rudy Sarzo und Simon Wright stopft Wayne Findlay, der ehemalige Keyboarder und Gitarrist von Michael Schenker nun hier die Soundlöcher. Als Überraschung wurde der argentinische Diego Valdez hinter das Mikro gelassen, auch wenn er bisher wenig auf sich aufmerksam machte. Was kann ihr Erstling "Until Death Do We Meet Again" dem Erbe ihres Mentors noch hinzufügen?

Dabei kommt einem zu Beginn so gar nicht jene Legende in den Sinn, denn es ertönt erst einmal eine ganz andere. MIKE OLDFIELD hatte seine Hochzeiten zur selben Zeit wie unser Ronnie James, seine Intro von "Tubular Bells" ist mittlerweile etwas abgenutzt, was die Herren nicht daran hindert es zum Auftakt einzubauen. Über ein paar orchestrale Steigerungen übernehmen die sechs Saiten jenes ikonographische Motiv und leiten damit in das Grundriff von "Under The Wire" über.
Das treibt flankiert von tollen Drumbreaks ordentlich nach vorne und könnte als eine verspieltere Version von "Night People" durchgehen. Der Clou ist aber der Südamerikaner, der ähnlich wie der Chilene Ronnie Romero in die Fußstapfen des kleinen Mannes mit der großen Stimme tritt. Die Ähnlichkeit in Timbre und Stimmfärbung sind wirklich verblüffend, auch wenn Valdez nicht ganz an dessen Phrasierungsgewalt und die Melodiösität heran kommt.

So flott wie beim Opener geht es danach aber nur selten zu auf der Scheibe, doch auch das war bei ihm normal, am ehesten kommen noch "Midnight Song" und das von einem prägnanten Riff dominierte "Playing With Fire" in diese Bereiche, doch hier nehmen die Refrains schon etwas Tempo heraus. Da lockern sonst nur die leicht kommerziellen "You Can´t Take Me Down" und "In A World So Cold" die vorherrschende schwerfällige Gangart etwas auf. Vor allem der erst genannte Song könnte mit seinem ruhigen Auftakt und den knalligen Arrangements als ein Demo für "Down To Earth" durchgehen, dass dann mit Bonnet als Sänger doch nicht auf der Platte landete.

Den selben Effekt hat man beim Schlusspunkt "One Step Beyond The Grave", der wie für das Nachfolgealbum von "Dehumanizer" gedacht klingt, doch nach der unrühmlichen Demission 1993 verworfen wurde. Hier legen sich schöne Synthesizerflächen über die schweren Riffs, was eine tolle Atmosphäre erzeugt und öfter auf "Until Death Do We Meet Again" zum Tragen kommt. Doch ob im nach Neunziger-DIO tönenden "Weird World" oder dem düsteren "Game Of Shadows", das ägyptisch anmutende Motiv wurde etwas zu oft verwendet. Natürlich war auf "The Last In Line" mit "Egypt (The Chains Are On)" ein stilprägender Titel mit jener Schattierung, aber hier wird sie eindeutig im Überfluss zitiert. Da sind mir die klar an "Sacred Heart" angelehnten Keyboards im Titelstück doch schon eine willkommenere Abwechslung.

Was aber im gesamten Verlauf dieses Werks fehlt, sind knackige Songstrukturen, vieles ist einfach zu sehr in die Länge gezogen, ohne dass wirklich etwas passiert. Teilweise tauchen etliche Refrainwiederholungen auf, zu denen dann eine Abwandlung des Solos als Outro fungiert, allerdings wenig Tempovariationen. Da fällt das sehr atmosphärische Solo im schweren Groover "It Is What It Is" schon auf, ebenso wie der Progpart im Titeltrack. Progressiv angehaucht geht es ebenfalls in "Washed Upon The Shore" zu, schleppende Riffs treffen auf Leadfills und Synthsoli und zeitgemäßen Stampfrhythmus, lediglich bei ein paar ruhigen Zeilen kommt der gute Diego zum Einsatz.

Wer nun denkt, dass sich das Review zu sehr anfühlt, als hätte der Autor ein DIO-Output besprochen, die Platte tut das auch. Würde der Mann noch leben, hätte sich sein neuestes Studiowerk wohl sehr ähnlich angehört, mit der vermutlich fast identischen Besetzung. Ob seine Genialität im Alter von 76 Jahren noch gereicht hätte, um seinen Jungs etwas mehr Feuer zu machen und sie besser auf den Punkt zu bringen, weiß ich allerdings nicht. Eines weiß ich indes schon, würde es keine gleichnamige Formation unter der Führung eines schwedischen Produzenten geben, würde diese Truppe nicht DREAM CHILD heißen, sondern hätte sich nach dem vierten Longplayer von DIO benannt. (Pfälzer)


Bewertung:

Pfaelzer6,5 6,5 / 10


Anzahl der Songs: 12
Spielzeit: 71:18 min
Label: Frontiers Music
Veröffentlichungstermin: 14.09.2018

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